Regierungsbildung

NEOS-Generalsekretär: „Wir müssen das Finanzministerium führen“

Unbeeindruckt vom Rauswurf ihrer Schwesterpartei aus der deutschen Ampelregierung rechnen die NEOS mit einer Dreier-Koalition in Österreich. Sie bringen eine klare Forderung mit.

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In den Tagen vor der Nationalratswahl 2017 bekamen die NEOS prominente Schützenhilfe aus Deutschland. FDP-Chef Christian Lindner schaute medienwirksam vorbei. Die liberale Schwesterpartei der NEOS hatte bei den eigenen Bundestagswahlen gerade ordentlich auf über zehn Prozent zugelegt.

Im Nationalratswahlkampf 2024 ward Lindner nicht mehr in Wien gesehen. Seine Performance als Finanzminister in der deutschen Ampelkoalition, die er 2021 mit SPD und Grünen eingegangen war, hätte als Empfehlung auch nicht getaugt. Die FDP war in Umfragen auf vier Prozent abgestürzt, die Regierung angezählt – bis sie nun endgültig an der inneren Zerrissenheit zerbrach. Und Kanzler Olaf Scholz (SPD) Lindner rauswarf.

Das politische Drama in Deutschland wirkt wie ein böses Omen. Denn in Österreich nimmt eine Dreierkoalition mit den liberalen NEOS im Boot gerade Form an. ÖVP und SPÖ wollen am Montag darüber entscheiden, ob sie einen dritten Partner wollen, und wenn ja, welchen. In der ÖVP lag die Präferenz bisher eindeutig bei den NEOS. In der SPÖ gibt es auch Stimmen für die Grünen. Doch die mächtige Wiener SPÖ präferiert die Pinken, mit denen sie in der Stadtregierung seit 2020 gut zusammenarbeitet.

„Finanzministerin“ nur in weiblicher Form

Die NEOS gehen davon aus, in Dreiergespräche eingeladen zu werden. „Wir rechnen damit, dass wir uns zusammensetzen und sondieren, ob es zwischen uns Dreien möglich ist“, sagt Generalsekretär Douglas Hoyos. Und er macht klar, dass die NEOS konkrete Ansprüche haben. „Das Finanzministerium ist der größte Hebel für einen echten Kurs der Sanierung und der Reformen. Gerade in dieser herausfordernden Lage kann und muss es eigentlich von uns geführt werden“, sagt Hoyos zu profil. Und er skizziert, wie die Partei das Amt anlegen würde: „Wir wollen ein ständiges und unabhängiges Expertengremium unter einer Finanzministerin.“ Hoyos verwendet ganz bewusst nur die weibliche Form und macht damit klar, wem das Amt zugedacht wäre: Parteichefin Beate Meinl-Reisinger.

Damit würde die NEOS-Chefin in einer Dreierkoalition denselben Posten einnehmen wie einst Lindner in Deutschland: am finanziellen Schalthebel. Sowohl in der ÖVP als auch SPÖ gibt es Stimmen, die das wichtige Amt für die eigene Partei reklamieren. Meinl-Reisinger wäre ein dritter Weg. Ob dieser der ÖVP und SPÖ mit Blick auf Lindner zu heiß wird?

Clemens   Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.