Innenpolitik

ÖVP und SPÖ verhandeln über Koalition: Eine Sache des Vertrauens

In den vorderen und hinteren Reihen wird versucht, die bewegte Geschichte der rot-schwarzen Zusammenarbeit fortzuführen. Auch mit Eva-Maria Holzleitner und Florian Tursky.

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Manchmal ist Eva-Maria Holzleitner ein bisschen eine Spaßbremse, und das ist jetzt ihre Wortwahl. Wird nach einem Termin das Gespräch bis in die Nacht an die Bar verlagert, sitzt sie nicht bis zum Schluss dabei. Erstens, weil sie nicht viel verträgt, und sich, zweitens, mit niemandem matchen will. Drittens ist Zurückhaltung für die SPÖ-Frauenchefin auch politisches Programm. „Ich weiß schon, dass prinzipiell Gespräche auch in lockerer Atmosphäre wichtig sind. Aber es muss möglich sein, die wichtigen Dinge am Verhandlungstisch zu klären und nicht irgendwo danach bei einem Getränk noch tiefergehend zu diskutieren.“ Man lerne schon auf kommunaler Ebene, wer beim Wirten nicht mehr dabei ist, weil es noch so viele andere Verpflichtungen gibt: die Frauen.

Dieser Tage trifft sich Eva-Maria Holzleitner zu vielen Gesprächen. Hochoffiziell, bei einem Kaffee oder Mittagessen. Sie ist eine von fünf Personen, die für die SPÖ sondieren sollen, ob Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP überhaupt Sinn haben; die abschätzen muss, ob man sich inhaltlich und menschlich so weit annähern kann, dass eine Regierung funktioniert.

Eva-Maria Holzleitner, Florian Tursky

 In dieser heiklen Phase halten sich Parteichefs in der Öffentlichkeit zurück, vor allem, wenn die Parteichefs emotionale und manchmal unüberlegte Redner wie Andreas Babler sind. Nach außen spricht dann eher jemand, der vorsichtiger ist. Jemand wie Eva-Maria Holzleitner. Wenn ihr Gegenüber unabsichtlich von Regierungs- statt Sondierungsgesprächen spricht, unterstreicht sie gleich: Man sei wirklich noch nicht so weit. Erfahrungen mit Regierungsverhandlungen hat sie nicht, aber Eva-Maria Holzleitner, 31, ist Vize-Partei-Chefin und sitzt jetzt buchstäblich in der ersten Reihe, im Nationalrat am prominenten Platz neben Andreas Babler. 

Möglicherweise, sollte es zu einer Regierung kommen, ist sie auch für Höheres vorgesehen, etwa ein Ministeramt. Aber das ist jetzt nicht ihre Wortwahl.

Florian Tursky, 36, stand schon in den vorderen Reihen. Zuerst als Staatssekretär für Digitalisierung in Wien, dann als Bürgermeisterkandidat in Innsbruck. Die Wahl in der Tiroler Hauptstadt wurde zur kolossalen Niederlage für die ÖVP, die eigentlich die bürgerliche Mitte in Tirol wieder vereinen wollte. Tursky landete auf Platz fünf. Damit hätte seine politische Karriere beendet sein können, daher wunderten sich einige Beobachter, als Florian Tursky in die Bundespolitik zurückkehrte.

Iris Bonavida

Iris Bonavida

ist seit September 2022 als Innenpolitik-Redakteurin bei profil. Davor war sie bei der Tageszeitung "Die Presse" tätig.

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin