Schonungslos wohnungslos: Regierung will individuelle Unterbringung für Flüchtlinge verbieten
Asylwerber
19.300 Asylwerber leben aktuell in der Hauptstadt. Davon sind nur 33 Prozent in öffentlichen Quartieren untergebracht. 67 Prozent leben in privaten Quartieren. Die Regierung will diese individuelle Unterbringung künftig verbieten. Asylwerber, so das Kalkül, sollen bis zum Ende des Asylverfahrens im direkten Einflussbereich des Staates bleiben, um sie bei negativen Entscheidungen leichter abschieben zu können. Außerdem soll ihr Aufenthalt generell „ungemütlicher“ werden. So drückt es der künftige FPÖ-Klubchef im Parlament, Johann Gudenus aus. Ihm schweben neue Asylquartiere am Stadtrand vor.
Für Asylwerber in der Grundversorgung ist der Bund zu 100 Prozent zuständig. Er kann die 15A-Vereinbarung mit Wien, wie Asylwerber untergebracht werden dürfen, einseitig aufkündigen. Allerdings erlischt die Vereinbarung erst nach 18 Monaten, in der Zwischenzeit wäre wohl ein Teil der aufgestauten Asylverfahren erledigt.
Asylberechtigte I
Wer Asyl oder den (schwächeren) subsidiären Schutz erhält, muss aus den Grundversorgungszentren ausziehen, sofern man nicht bereits privat wohnt. Dafür bleiben vier Monate Zeit. Aktuell wohnen nur noch 10 Prozent der subsidiär Schutzberechtigten und 25 Prozent der Asylberechtigten während dieser Übergangsphase in staatlichen Quartieren. Das zeigt, wie stark die „Flucht" in private Wohnungen ist.
Für unbegleitete Minderjährige, die nach Ende dieser 4-Monats-Frist keine Wohnung gefunden haben, stellt die Stadt Wien 700 Plätze in Quartieren der Wohnungslosenhilfe zur Verfügung. Es fallen die ortsüblichen Mieten an, die über die Mindestsicherung bezahlt werden.
Asylberechtigte II
Der überwiegende Rest muss sich selbst eine Wohnung am freien Wohnungsmarkt organisieren. Das heißt: Von den 45.000 Asylberechtigten, die aktuell in Wien leben und Mindestsicherung beziehen, sind fast 100 Prozent am privaten Wohnungsmarkt untergekommen. Was passiert nun, wenn die Regierung ihr Ziel durchboxt und die Mindestsicherung von 840 Euro pro Person auf 520 Euro zusammenkürzt bzw. den Bezug für Familien bei 1500 Euro deckelt? Wien sieht diesen zentralen Punkt des Regierungsprogrammes als verfassungswidrig an und wird dagegen klagen. Allerdings hätte diese Klage keine aufschiebende Wirkung. Sollte sich die Kürzung nur auf Geldleistungen beziehen, könnte Wien die Miete als „Sachleistung“ kompensieren. Allerdings sind die Mittel der Stadt, die mit steigenden Schulden kämpft, begrenzt. Ebenfalls unklar ist, wie scharf Kürzungen für Paare (derzeit 1200 Euro) und Kinder ausfallen. Sollten sie rigoros durchgezogen werden, werden sich Asylberechtigte schwer tun, ihre Mieten zu zahlen. Dann müssen sie auf engen Raum zusammenrücken oder die Stadt baut, um Obdachlosigkeit zu verhindern, eigene Flüchtlings-Quartiere zusätzlich zu den „Gudenus-Camps“.
Ob die Wiener diese Ghettoisierung goutieren, ist aber mehr als fraglich.