Rezension Winters Bone
Die Knochenmetapher liegt der US-Filmemacherin Debra Granik, 48, offensichtlich sehr: Down to the Bone nannte sie 2004 ihr Regiedebüt, ein Kokain-Drama um Vera Farmiga, 2010 adaptierte sie mit Winters Bone den gleichnamigen Roman Daniel Woodrells. Knochentrocken könnte man ihren Stil wohl nennen: Winters Bone ist, obwohl Granik damit das Sundance Film Festival gewann, jedenfalls der unwahrscheinlichste Oscar-Film dieses Jahrgangs eine Low-Budget- und White-Trash- Odyssee, die quer durch die Wälder Missouris führt und durch eine Geschichte, in der es von Anfang an um Leben und Tod geht. In den gottverlassenen Ozark Mountains steht der hart gesottene Teenager Ree (eine Entdeckung: die 20jährige Schauspielerin Jennifer Lawrence) nämlich vor einem existenziellen Problem: Sie muss ihren im Drogenmilieu umtriebigen Vater finden, wenn ihre verarmte Familie um die depressive Mutter das Haus behalten will, in dem sie lebt. Rees Vater hat periodisch vor Gericht zu erscheinen und so lange man seinen (vermuteten) Tod nicht nachweisen kann, gilt er als lebendig und das Haus damit als verwirkt. Also macht sich Ree auf die Suche. Und nimmt Kontakt mit ein paar eher gespenstischen Landbewohnern auf. Trotz seiner leicht formelhaften Story ist Winters Bone mitreißend inszeniert: In den bleichen Bildern liegt ein amerikanischer Naturalismus, der im US-Kino nicht gerade omnipräsent ist. Granik zeigt ein ländliches Amerika, das zwischen Gewalt und Gemeinschaftssinn pendelt. So gelingt ihr ein Film, der man muss es so sagen durchaus das Potenzial besitzt, in die Knochen zu gehen.