SPÖ-Parteitag

Rotes Posten-Karussell: Wer jetzt in der SPÖ aufsteigen könnte

In der SPÖ geht es heute nicht nur um den neuen Parteivorsitzenden – auch der rote Klub und die Parteizentrale suchen neue Chefs.

Drucken

Schriftgröße

Am Montag wurde bekannt, dass beim Auszählen der Stimmen am Parteitag die Namen vertauscht wurden. Nicht Hans Peter Doskozil hat die Wahl gewonnen, sondern Andreas Babler. Zur Nachvollziehbarkeit der Ereignisse bleiben die Artikel in der ursprünglichen Version auf profil.at.

Der monatelange SPÖ-Konflikt könnte für einige Genossinnen und Genossen etwas Gutes bringen: Nach der Entscheidung über den Vorsitz stehen für Hans Peter Doskozil und die SPÖ gleich mehrere personelle Weichenstellungen an - sie werden die Partei über Jahre prägen. Auch wenn offiziell alle beteuern, dass es um Inhalte und nicht um Posten gehe, hängt das künftige Profil der Partei stark von den neuen roten Schlüsselspielern ab.

Zu besetzen gibt es eine ganze Reihe an Positionen: Mit dem Abgang von Pamela Rendi-Wagner wird die Funktion der Klubführung frei, auch die Bundesgeschäftsführung ist vakant. Wenn Hans Peter Doskozil nach Wien wechselt, wird auch der Landeshauptmannsessel im Burgenland frei. Ob sich Jörg Leichtfried als geschäftsführender Klubobmann halten kann, ist offen. Fix ist, dass die SPÖ einen neuen Kommunikationschef brauchen wird. profil kennt die aussichtsreichsten Kandidaten für die roten Top-Jobs. Darunter finden sich Akteure, die bisher nur im Hintergrund die Fäden zogen - und bekannte politische Talente.

Herbert Oschep

Immer dann, wenn sich Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil in Deutschland seinen Kehlkopf-Behandlungen unterzog, stieg in Eisenstadt ein Mann zum heimlichen Landeschef auf: Herbert Oschep, Büroleiter und engster Vertrauter von Doskozil. Die beiden arbeiteten bereits gemeinsam im Team von Ex-Landeschef Hans Niessl. Während der Absenzen von Doskozil mussten sich die Landesräte der roten Alleinregierung stets eine Freigabe von Oschep holen, bevor sie Entscheidungen trafen. So erzählen es gut informierte Kreise in der SPÖ Burgenland. Über Oschep behielt Doskozil auch während seiner Fehlzeiten die Kontrolle über das Landhaus. 
 

Sollte Doskozil demnächst nach Wien übersiedeln, könnte er einen Intimus wie Oschep gut gebrauchen. Dem Mann werden allerdings andere Pläne nachgesagt. Er drängt schon länger in die erste Reihe und führt inzwischen auch den burgenländischen Weintourismusverband - eine prestigeträchtige Funktion im Burgenland, die er immer wieder für öffentliche Auftritte nutzt. In der burgenländischen SPÖ wird spekuliert, dass Oschep auf einen Landesratsposten spitzt. Das Amt könnte frei werden, sollte einer der bisherigen Landesräte zum Doskozil-Nachfolger avancieren.

Philipp Kucher

Der Mann war bisher nur politischen Feinspitzen bekannt, innerhalb der SPÖ wird aber schon länger auf die Qualitäten des roten Gesundheitssprechers im Parlament vertraut: Philipp Kucher hat als Kärntner einen guten Draht zu Landeshauptmann Peter Kaiser. Als die SPÖ bei den Gemeinderatswahlen vor zwei Jahren krachend verlor und das Bürgermeisteramt abgeben musste, ereilte Kucher der Ruf, die marode Klagenfurter Stadtpartei wieder aufzurichten.

Kucher hat sein Netzwerk über alle Lager der zerstrittenen Bundes-SPÖ gespannt: Im roten Parlamentsklub ist er einer der Stellvertreter der abgewählten Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. Im internen Wettstreit um den Vorsitz unterstützte er allerdings Hans Peter Doskozil. Im Doskozil-Lager wird Kucher immer wieder als ein Kandidat für eine führende Funktion genannt. Denkbar wäre etwa, dass Kucher im Parlamentsklub aufsteigt. Er zählt innerhalb der roten Reihen zu den besseren Rednern.

Julia Herr

Julia Herr hat auch unter einem Parteivorsitzenden Doskozil gute Aufstiegschancen in der Partei - obwohl sie Andreas Babler unterstützt hat. „Die Zukunft einer Sozialdemokratie ist ohne Julia nicht möglich“, sagt Babler über Herr. Für Doskozil ist sie „eines der größten politischen Talente der Sozialdemokratie“. 

Obwohl Julia Herr erst seit vier Jahren im Nationalrat sitzt, hat sie bereits eine beachtliche Fanbase aufgebaut: 58.000 Facebook-Follower sind der Beleg dafür. Mit ihrer - für SPÖ-Verhältnisse - klaren Positionierung in Klimafragen gelingt es ihr, in grüne Zielgruppen zu strahlen. Auf dieses Asset will kaum jemand in der Partei verzichten. 

Herr stammt zwar aus dem Burgenland, ist aber politisch in der SPÖ Wien im Bezirk Penzing aktiv. Zu ihren politischen Vertrauten zählen der rote EU-Parlamentarier Andreas Schieder und der Wiener Stadtrat Jürgen Czernohorszky. Im SPÖ-internen Wahlkampf sprach sie sich für Andreas Babler aus. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass auch Doskozil sie gerne im Team gehabt hätte. Herr muss sich um ihre politische Zukunft also wenig Sorgen machen. Beide Lager nennen Herr immer wieder als eine, die zur Befriedung der zerstrittenen Partei beitragen kann. Schließlich kennt Babler-Unterstützerin Herr den Doskozil-Vertrauten Max Lercher aus gemeinsamen Tagen in der Sozialistischen Jugend. Dieses Netzwerk könnte nach dem Parteitag aktiviert werden.

Max Lercher

Er könnte ein Comeback hinlegen - und als möglicher Bundesgeschäftsführer in eine Position aufsteigen, die er schon einmal ausgefüllt hat. Lecher wurde 2017 von Christian Kern als Bundesgeschäftsführer eingesetzt, allerdings nicht einmal ein Jahr später von Thomas Drozda abgelöst. 

Dem Steirer Lercher haftet, ähnlich wie Doskozil, das Image des Aufrührers und Spalters an. Nach dem schlechten Ergebnis der SPÖ bei den Nationalratswahlen 2019 forderte er gar eine Neugründung der Partei und kritisierte das Glaubwürdigkeitsproblem der Sozialdemokratie. Doskozil hat in der SPÖ nun offenbar das angestoßen, was Lercher sich seit Jahren wünscht: Er stellte sich schon bald hinter Doskozil und organisierte die “Freundschaftstour” des burgenländischen Landeshauptmanns. Lercher brachte auch die steirische Landespartei auf Doskozil-Kurs und warb bei roten Bürgermeister um Unterstützung für Burgenlands Landeshauptmann.

Konkret zu dieser Personalie äußert sich das Team um Hans Peter Doskozil zwar nicht, eine Rolle im Bund werde Lercher in Zukunft aber jedenfalls spielen.

Astrid Eisenkopf

Hans Peter Doskozil wird seinen Landeshauptmannsessel nicht sofort räumen. Sein Fahrplan sieht vor, dass er sein Amt erst übergibt, wenn der Wahlkampf im Bund beginnt, also voraussichtlich kommendes Jahr. 

Gleich mehrere Nachfolgekandidaten scharren in den Startlöchern. Die burgenländischen Vize-Landeshauptfrau Astrid Eisenkopf war zuletzt fast rund um die Uhr als Doskozil-Pressesprecherin unterwegs, um im roten Vorsitzstreit für ihren Landsmann zu werben. Nicht ganz uneigennützig: In der SPÖ Burgenland gehen alle davon aus, dass sie gerne die erste Landeshauptfrau ihres Bundeslands werden will.

Es gibt aber ein paar Männer, die etwas dagegen haben: Die Landesräte Leonhard Schneemann und Heinrich Dorner, die sich ebenfalls Chancen ausrechnen. Und der rote Klubobmann im Landtag, Robert Hergovich, ist auch noch im Rennen.

Eva-Maria Holzleitner

Bei der Vorstellung der Parteipromis am SPÖ-Parteitag wurde für sie am lautesten applaudiert: SPÖ-Frauenchefin Eva-Maria Holzleitner. Die Oberösterreicherin und Nationalratsabgeordnete war im roten Führungsstreit loyal zu Ex-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. Mit ihr ist in der künftigen Startaufstellung der SPÖ trotzdem zu rechnen.

Gesucht: Social-Media-Redakteur

Das muss eine Partei erst einmal schaffen: Als die SPÖ Mitte Mai im Nationalrat einen Misstrauensantrag gegen die Regierung stellte, gingen SPÖ-Mandatare auf die eigene Parteizentrale los. Grund für den Konflikt waren die Sujets des roten Social-Media-Teams. Verantwortlich zeichnete dafür dem Vernehmen nach der sozialdemokratische Chef vom Dienst für Twitter und Facebook, der frühere ZackZack-Chefredakteur Thomas Walach. 

Auf Twitter setzte Walach zuletzt ein kryptisches Posting ab: Er hatte vereinbart, dass er bis zur Nationalratswahl für die SPÖ-Vorsitzende tätig sei. Ob er auch für einen SPÖ-Vorsitzenden tätig sein wird, ist fraglich.

Anna Wintersteller

Anna Wintersteller

war bis September 2023 bei profil.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

war bis Oktober 2024 stv. Online-Ressortleitung und Teil des faktiv-Teams.