Rudi Fußi: Ein Anti-Babler mit „Cojones“?
Rudi Fußi steht im dunkelblauen Anzug zwischen zwei vertrockneten Zimmerpflanzen und gibt sich staatstragend. Hinter ihm leuchtet ein großer LED-Bildschirm: „Neue Rote braucht das Land“. Vor ihm reihen Journalistinnen und Journalisten, die gut zwei Stunden auf ihn gewartet haben. Aufgrund der Ansprache von Bundespräsident Van der Bellen musste Fußi seine offizielle Ankündigung, für den SPÖ-Parteivorsitz kandidieren zu wollen, ein wenig nach hinten verschieben. Aber jetzt hat er es endlich gesagt: Der PR-Berater will SPÖ-Chef werden. „Der Zustand meiner Partei ist noch erbärmlicher als der Zustand der Republik“, erklärt er.
In einer anschließenden 40-minütigen Rede erwähnt er brav Viktor Adler, Bruno Kreisky, Karl Seitz und Alfred Gusenbauer, betont die Wichtigkeit des politischen Miteinanders und die Notwendigkeit eines Aufbruchs in der Sozialdemokratie: „Unser Problem ist, dass sich die politische Klasse von der Bevölkerung komplett entkoppelt hat.“ Er sei nun ein Angebot an die Mitglieder der SPÖ, daran etwas zu ändern.
Rudi Fußi ist ein sprunghafter Mensch. Politisch fängt er ursprünglich bei der Jungen ÖVP an, verabschiedet sich 1998 allerdings, um bei der liberalen FPÖ-Abspaltung „Die Demokraten“ anzudocken, die mit Richard Lugners „Die Unabhängigen“ eine Plattform bildet. 2003 geht er zur SPÖ, steigt 2012 wieder aus und berät anschließend das Team Stronach, später SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern. 2015 sagt er der deutschen „Zeit“ noch: „Der Tag, an dem Andi Babler SPÖ-Parteichef wird, ist der Tag, an dem ich wieder Parteimitglied werde“. Nach acht Jahren ist er aufgrund der SPÖ-Mitgliederbefragung tatsächlich wieder „Genosse“, lobbyiert aber für den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.
Als Babler am Wahlabend 21,1 Prozent und damit den dritten Platz einfährt, platzt Fußi auf X (vormals Twitter) der Kragen: „Das Experiment Sekte ist gescheitert.“ In seiner Pressekonferenz am Mittwoch gibt er sich dann doch um einiges versöhnlicher. „Ich möchte bei allen Menschen um Entschuldigung bitten, die ich jemals beleidigt habe.“ Quasi ein „General-Sorry“.
Zu dem Vorwurf, sein Antritt solle rein als Türöffner für andere Kandidaten, beispielsweise aus dem Doskozil-Lager, dienen, äußert sich Fußi sich nicht. Roland Fürst, SPÖ-Klubobmann im Burgenland, bestätigte in einer Pressekonferenz am Mittwoch: „Wir sind nicht dabei. Wir wissen von nichts.“ Auf die Unterstützung von den Landeshauptleuten hofft Fußi allerdings trotzdem.
Rudi Fußi habe viele Einwürfe und Kritiken bereits im Vorhinein auf X gelesen, versichert allerdings, sein Antritt sei „nicht für sich selbst“, sondern „für die Republik“. Scheitere sein Vorhaben, gehe Fußi in seinen „gut bezahlten Job mit 16 tollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ zurück. Dass Rudi Fußi die Kandidatur nicht für sich selbst, sondern „für die Sozialdemokratie und die Republik“ mache, betont er auffallend oft. Und dass er eben nicht gegen den aktuellen Parteivorsitzenden Andreas Babler antrete, sondern für eine Erneuerung der Sozialdemokratie. Warum er den Traiskirchner Bürgermeister, einen „alten Freund“, nicht anderweitig unterstützt? Weil er eben die „Cojones“ (Anm.: Hoden auf Spanisch) habe, die Babler fehlen würden.
Seine Tätigkeiten als PR-Berater wird Rudi Fußi erst dann niederlegen, wenn ihm seine Kandidatur gelingt. „Ich sehe nicht ein, wieso das momentan problematisch sein könnte“, schließlich wäre seine PR-Agentur „Mindworker“ sehr strikt in der Kundenauswahl. Zu den „strikt ausgewählten Kunden“ zählt unter anderem die Wirtschaftskammer Wien. Für die würde Fußi, wie er auf der Pressekonferenz betont, allerdings nur Plakate und Werbespots gestalten. Seine Arbeit für andere politische Parteien liegen in der Vergangenheit. Sollte es Fußi gelingen, Parteivorsitzender zu werden, würde er seinem Mann seine Anteile überschreiben und seinen Geschäftspartnern die Firma anvertrauen: „Mir ist bewusst, dass ich als Parteivorsitzender nicht mehr genug Zeit hätte“.
Um gegen Babler überhaupt antreten zu können, braucht Fußi zehn Prozent der roten Mitglieder aus vier Bundesländern. Aktuell sind das rund 14.000 Unterstützerinnen und Unterstützer, allerdings darf aus keinem Bundesland mehr als ein Drittel kommen. Während der Pressekonferenz versucht Rudi Fußi, Zuschauende zu motivieren, SPÖ-Mitglied zu werden und ihn zu unterstützen. Öffentlich hat ihm noch keiner der SPÖ-Granden seine Unterstützung ausgesprochen.