Die lange Rückkehr der Maria G.
Maria G. will nach Hause. Seit mehr als einem Jahrzehnt lebt die gebürtige Salzburgerin im kurdischen Gefangenenlager Al-Roj in Syrien – zusammen mit ihren beiden Söhnen, sie sind sechs und acht Jahre alt. Ihre Geschichte kennt ganz Österreich: Im Juni 2014 verließ die damals 17-jährige Maria ihre Heimatstadt Hallein, um sich der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) anzuschließen. Sechs Monate zuvor konvertierte sie zum Islam.
Es war die Zeit, als Abu Bakr al-Baghdadi das sogenannte Kalifat ausrief und junge Frauen wie Maria G. weltweit gezielt umworben wurden, um in Syrien ein neues Leben zu beginnen. Seitdem ist viel passiert: Der IS wurde zerschlagen, al-Baghdadi getötet, und in Syrien eskalierte der Krieg weiter. Sogar das Regime des langjährigen Machthabers Bashar al-Assad fiel, was die Region zusätzlich destabilisierte. Maria landete in einem Gefangenenlager mitten in der Wüste.
Jahrelang kämpften Marias Eltern, Susanne und Markus, darum, ihre Tochter und ihre Enkel nach Österreich zurückzuholen – bislang ohne Erfolg. Im Oktober 2024 schließlich ein Hoffnungsschimmer: Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entschied, dass Maria G. und ihre Kinder nach Österreich zurückkehren dürfen. Eine Revision gegen diesen Beschluss war möglich, doch das Außenministerium ließ die Frist verstreichen – ein zunächst überraschender Schritt, was für Widerspruch sorgte, denn Österreich hatte sich jahrelang gegen die Rückführung von IS-Anhängerinnen gewehrt. Während Länder wie Deutschland, Frankreich oder Finnland ihre Staatsbürgerinnen längst heimholten, blieb Maria in Syrien zurück.
Rückholung in der Warteschleife
Doch die Entscheidung des Gerichts garantiert keine schnelle Rückkehr. Die Lage in Syrien hat sich seitdem verändert und der Konflikt in der Region ist weiter eskaliert. Nach dem Sturz Assads haben sich die Kämpfe in Syrien verschärft. Das Lager, in dem Maria G. lebt, befindet sich laut profil-Informationen in einem umkämpften Gebiet, das von den Demokratischen Kräften Syriens (SDF) und der in Damaskus herrschenden HTS beansprucht wird. Die Sicherheitslage sei „hochgradig prekär“, alle verfügbaren Kräfte seien mit der Verteidigung der Region beschäftigt, was Rückführungen derzeit unmöglich macht.
Zudem hat die neue Übergangsregierung in Damaskus noch keine klare Linie zu den IS-Anhängern formuliert. Offenbar fordert sie, dass alle ausländischen IS-Anhängerinnen an die syrische Regierung übergeben werden, was Rückführungen zusätzlich erschwert. Maria steht unter Verdacht, sich einer terroristischen Vereinigung angeschlossen zu haben. Eine Untersuchungshaft in Österreich ist denkbar, auch wenn es derzeit keine Festnahmeanordnung gibt.
Auch wenn die Rückkehr der jungen Frau juristisch längst entschieden ist, bleibt unklar, wann sich die Lage in Syrien so weit stabilisiert, dass eine Rückführung tatsächlich möglich ist.
Bis dahin bleibt Maria G. mit ihren Kindern in der Warteschleife.