Wie Sabine Beinschab eine neue Karriere einschlägt
Der Lehrermangel an Österreichs Schulen will bekämpft werden. Und so kommt es, dass Sabine Beinschab, Kronzeugin in der ÖVP-Korruptionsaffäre, nun Schülerinnen und Schülern an einem Grazer Gymnasium digitale Bildung beibringt. Seit zwei Tagen unterrichtet sie dort Informatik und Geografie.
Erfahrungen am Computer? Die bringt Beinschab mit. Immerhin bastelte sie 2017 an Umfragen, die gemäß Verdachtslage mithelfen sollten, Sebastian Kurz den Weg ins Kanzleramt zu ebnen. Beinschab hatte als Meinungsforscherin bei Sophie Karmasin gearbeitet, bevor sie 2019 ihr eigenes Institut „Research Affairs“ gründete. 2021 flog die Affäre um die von ihr durchgeführten Meinungsumfragen auf, welche im Sinne der Kurz-ÖVP gewesen sein sollen, jedoch vom Finanzministerium mit Steuergeldern bezahlt wurden. Am 6. Oktober 2021 schlug die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu und führte eine Reihe von Hausdurchsuchungen durch. In Bezug auf Sabine Beinschab und neun weitere Personen ging es um den Vorwurf der Untreue in Höhe von über 300.000 Euro sowie der Beteiligung an einer Bestechung.
Am 12. Oktober 2021 verschärften die Ermittler dann nochmals die Gangart: Sabine Beinschab wurde wegen Verdunkelungsgefahr festgenommen. Der Grund für das rasche Einschreiten der Ermittler: Nur wenige Stunden vor der Hausdurchsuchung in der ÖVP-Umfragenaffäre am 6. Oktober 2021 hatte Beinschab Nachrichten mit anderen Beschuldigten gelöscht und versucht, Daten von der Festplatte eines Computers zu entfernen. Zuvor hatte sie sich sogar online darüber informiert, wie sich digitale Spuren verwischen lassen. Nach einer Nacht im Gewahrsam der Behörden entschied sie sich zur Kooperation mit den Ermittlern. Am 25. Februar 2022 kam ans Licht, dass Beinschab vor der Staatsanwaltschaft ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte.
Scheinrechnungen mit Steuergeld bezahlt
Zwischen Oktober 2021 und Februar 2022 musste sich Sabine Beinschab siebenmal als Beschuldigte den Fragen der Ermittler stellen – eine der Einvernahmen dauerte über zwölf Stunden. So sagte sie einmal etwa: „Beim Durchforsten dieser Studien ist mir jetzt noch einmal sehr bewusst geworden, dass doch etliche Fragestellungen parteipolitisch waren und nichts mit dem BMF zu tun hatten … Wenn man sich die Studien über die Jahre gesammelt anschaut, erkennt man eine bestimmte Linie zugunsten der Anliegen der ÖVP.“ Gemäß Verdachtslage hat Beinschab regelmäßig Scheinrechnungen erstellt. Diese Rechnungen sollen als legitime Studienaufträge getarnt und über das Finanzministerium mit Steuergeldern bezahlt worden sein. Am Ende stand ein 222 Seiten starkes Protokoll, das, wie profil berichtete, in den Ermittlungsakt aufgenommen wurde. Für ihre Kooperation mit der Justiz wurde Beinschab daraufhin der Kronzeugenstatus gewährt.
Die Ermittlungen gegen die übrigen Beschuldigten laufen noch. Alle haben sämtliche Vorwürfe immer bestritten – mit Ausnahme des früheren Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, der ebenfalls mittlerweile Kronzeugenstatus erlangt hat. Sollte es am Ende des Tages zu Anklagen und zu einem Prozess kommen, wird Beinschab wohl nicht nur im Klassenzimmer, sondern dann auch als wichtige Zeugin im Gerichtssaal anzutreffen sein. Ihre diesbezügliche Feuertaufe hatte die frühere Meinungsforscherin bereits im Mai 2023 im Prozess gegen ihre frühere Geschäftspartnerin, Ex-ÖVP-Ministerin Sophie Karmasin.
Neustart im Informatikunterricht
In der Schule weiß man um Beinschabs bewegte Vergangenheit. Die Direktion stellte sie nach einer erfolgreichen Quereinsteiger-Zertifizierung für die Fächer Informatik und Geografie ein. Die Bildungsdirektion verteidigt die Entscheidung: „Frau Beinschab überzeugte durch ihre mehrjährige Erfahrung und ihre sofortige Verfügbarkeit.“
Erfahrungen hat Sabine Beinschab in den vergangenen Jahren ganz sicher jede Menge gesammelt. Und zwar durchaus auch solche der ganz speziellen Art.