Scheinselbstständige als Telefonüberwacher bei der Polizei?
profil berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über einen Prozess vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien, der Einblick in die polizeiliche Telefonüberwachung gewährt und politisch einigen Sprengstoff birgt. Die Amtshandlung, die einen schweren Eingriff in Persönlichkeitsrechte darstellt, obliegt in der Praxis mitunter Dolmetschern, die weder gerichtlich beeidet noch Vertragsbedienstete sind. Das zeigt laut profil der gerichtsanhängig gewordene Fall einer Frau, die als Kind von Gastarbeitern aus Ex-Jugoslawien zweisprachig aufgewachsen ist und jahrelang für die Kriminalpolizei bei Telefonaten vor allem im Suchtgiftmilieu mithörte. Als sie gekündigt wurde, ging sie vor Gericht. Hier soll sich nun klären, ob sie als Übersetzerin selbstständig gearbeitet hat, wie die Finanzprokuratur als Anwältin der Republik behauptet, oder ob sie als Vertragsbedienstete einzustufen ist – mit allen Ansprüchen, aber auch Verschwiegenheitspflichten, die sich daraus ableiten.
Gravierende Folgen für Republik
Laut Oliver Stauber, Wirtschaftsanwalt und Vorsitzender der gewerkschafltichen Initative vidaflex, die sich um die wachsende Zahl von Einpersonenunternehmen in Österreich kümmert, ist die Frau kein Einzelfall. „Es ist an vielen Dienststellen üblich, dass vor allem Telefonüberwachungen von Hilfskräften auf Werksvertragsbasis durchgeführt werden. Oft sitzt nicht einmal ein Beamter dabei“, sagt Stauber gegenüber profil. Für die Republik wird die Entscheidung – wie immer sie ausfällt – gravierende Folgen haben: Handelt es sich bei den angelernten „Polizeidolmetschern“ um Scheinselbstständige, stellt sich die Frage, warum das Innenministerium nicht mehrsprachige Beamte einstellt oder zumindest gerichtlich beeidete Fachkräfte heranzieht. Außerdem unterläuft das Ressort mit dem Einsatz von Scheinselbstständigen den Stellenplan des Bundes. Wertet das Gericht die Arbeit der „Polizeidolmetscherin“ im vorliegenden Fall hingegen als Selbstständigkeit, kommen auf die Republik vergabe- und wettbewerbsrechtliche Fragen zu. Laut Stauber liegen die externen Übersetzungsleistungen oft über den Schwellenwerten und müssen ausgeschrieben werden.