Schimpfwörter in Großbuchstaben: Was passiert, wenn man über Corona berichtet
Am letzten Tag des Jahres möchte ich Ihnen ein paar Passagen aus den letzten Leserbriefen, die 2021 bei mir eingetrudelt sind, nicht vorenthalten. Insbesondere bei Artikeln über das Coronavirus manifestierte sich die bei diesem Thema aufgeheizte Stimmung in Wortwahl und Inhalt der Zusendungen. Ihnen allen gemeinsam: Irrationale Wut.
Da es vermutlich noch früh am Morgen ist, wenn Sie das lesen, habe ich die richtig miesen Beschimpfungen und Drohungen ausgespart. Eine aufheiternde Lektüre sieht dennoch anders aus: „GEHTS DIR NOCH GUT, DEINE MEINUNG INTERESSIERT NIEMANDEN, DU BRAUCHST KEINEN ANSCHWÄRZEN“, schreibt mir etwa eine Leserin nach der Veröffentlichung eines Faktenchecks zu den Corona-Falschbehauptungen des ServusTV-Intendanten Ferdinand Wegscheider. Ein anderer Leser teilt mir dazu uncharmant mit: „Was recherchiert ihr verblendet, überheblichen Schwachstellen eigentlich noch? BRAVO an eine total ahnungslose Journaille bei Profil.....“. Und weiter: „UNFASSBARE UNGLAUBLICH Ihr macht diesen Berufsstand nur noch Lächerlich! Schreibt endlich die WAHRHEIT.“
Grundsätzlich freue ich mich über jegliche Post von Leserinnen – nicht nur über Lob. Auch bzw. vor allem, wenn mich Leser auf mögliche Schwachstellen in der Berichterstattung aufmerksam machen oder Verbesserungen anregen. Wenn es allerdings um das Coronavirus und die Schutzimpfung geht, könnte ich getrost darauf verzichten. Noch nie musste ich so viele wüste Beschimpfungen meiner Person lesen. Von persönlichen Beleidigungen bis hin zu Drohungen war alles dabei. Sachliche Kritik an meiner Arbeit: eine schwer vermisste Rarität. Die Pandemie ist also emotional aufgeladen wie kein anderes Thema. Warum eine Versachlichung der Debatte in diesem Zusammenhang jedoch zentraler denn je scheint? Gerade Impfskepsis basiert oftmals auf Falschmeldungen, Halbwahrheiten oder unbelegten Behauptungen über das Vakzin. Insbesondere während der vergangenen Festtage waren vermutlich Viele mit kräftezehrenden Diskussionen darüber konfrontiert. Tipps, wie man mit Impfmythen in der eigenen Familie oder im Bekanntenkreis umgeht, gibt Ingrid Brodnig hier.
Wie es generell um den Journalismus - auch in Zeiten wie diesen - steht, hat meine Kollegin Christa Zöchling für die profil-Jahresausgabe hier niedergeschrieben. So viel sei vorweggenommen: Der Begriff „Lügenpresse“ ist bei weitem kein neuer.
Zum Schluss noch eine Abschiedsfloskel, die ich nach Veröffentlichung eines Artikels über das Coronavirus so zu lesen bekommen habe: „Bald ist es vorbei, dann klage ich jeden für den geschriebenen Dreck! In tiefer Verachtung“. Damit möchte ich Sie aber freilich nicht ins neue Jahr verabschieden: Vielen Dank für all die wertschätzenden und konstruktiv kritischen Leserbriefe, die profil 2021 bekommen hat. Bleiben Sie uns auch im kommenden Jahr erhalten und schreiben Sie uns gerne Ihre Gedanken.
Ich wünsche Ihnen alles Gute für 2022,
Katharina Zwins
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