Glücksspiel

Spielsucht: Ein Betroffener kämpft gegen die Glücksspielindustrie

Ein spielsüchtiger Salzburger zockte um Millionen, die er nicht hatte. Eine Reform des Glücksspielgesetzes könnte ihn und Zehntausende andere Spielerinnen und Spieler schützen.

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Die Spielsucht ergriff Christian Hofer früh. Mit 15 Jahren füllte der Salzburger seinen ersten Wettschein aus, noch als Minderjähriger begleitete er seinen Vater, der damals als Busfahrer arbeitete, ins Wettbüro und begann, über dessen Konto online zu spielen. „Das Glücksspiel hat mir geholfen, mich zu beruhigen“, sagt der heute 34-Jährige. Mit 18 Jahren erstellte Hofer sein erstes Konto bei einem Online-Glücksspielanbieter und wurde spielsüchtig.

In Österreich gibt es zwischen 40.000 und 60.000 Glücksspielsüchtige, die an Automaten und in Casinos spielen, rechnet das Anton-Proksch-Institut vor. Dazu kommen rund 60.000 durch Online-Glücksspiel gefährdete Personen, Tendenz steigend – auch bei illegalen Online-Anbietern aus dem Ausland. Und immer mehr Menschen, vor allem junge Männer, werden süchtig nach Sportwetten, die bundesweit kaum reguliert sind. Eine Reform des Glücksspielgesetzes könnte Spielerinnen und Spieler wie Christian Hofer besser schützen und verhindern, dass Geld an illegale Anbieter im Ausland fließt.

Ich hatte ein Einkommen unter der Armutsgrenze, habe aber gespielt wie ein Reicher.

Christian Hofer

hat Hunderttausende Euro verspielt

Die Casinos Austria und ihre Tochter Win2day sperrten Christian Hofer früh und nachhaltig, andere Anbieter ließen der Sucht des heute 34-jährigen Flachgauers länger freien Lauf: „Dort hat nie irgendwen interessiert, woher das Geld kommt“, kritisiert Hofer: „Ich habe von 900 Euro Notstandshilfe gelebt, aber das Zehn- bis 20-Fache verloren. Ich hatte ein Einkommen unter der Armutsgrenze, habe aber gespielt wie ein Reicher.“

Christian Hofer heißt nicht wirklich so, sein Name wurde zu seinem Schutz von der Redaktion geändert. Hofer ist gelernter Fischereiwirt und züchtete in der Ausbildung Fische, die dann wieder in die freie Wildbahn ausgesetzt wurden. Nach seiner Lehrzeit galt ein Aufnahmestopp, durch seine Spielsucht fasste er in anderen Berufen nicht mehr richtig Fuß. Mit 22 Jahren wurde Hofer erstmals auf einer Suchtstation aufgenommen. Um trotz mangelnden Vermögens spielen zu können, borgte er sich Hunderttausende Euro von seinem engsten Umfeld aus: „Man reißt seine Liebsten mit in den Abgrund. Man wird von einem guten Menschen zu einem Lügner. Bis man einsieht, wie viel Schaden man anrichtet, dauert es Jahre.“

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.