SPÖ: Fehlstart ins Wahljahr
Der Befund las sich etwas hart: Die Traditionspartei SPÖ taumelt ungeordnet ins Wahljahr 2013, hieß es im Vorspann der profil-Story vor dem Parteitag der Sozialdemokraten im vergangenen Oktober. Und weiter: Meinungsforscher bieten Wetten an, dass die Volksbefragung im Jänner zugunsten der Wehrpflicht ausgehen wird, weil die SPÖ ihren eigenen Anhang nicht für ein Berufsheer mobilisieren kann.
Wenige Tage nach Erscheinen des Artikels wurde Werner Faymann nur von 83 Prozent der Delegierten in seinem Amt als Parteivorsitzender bestätigt so viele Streichungen hatte noch kein amtierender SPÖ-Chef vor ihm hinnehmen müssen. Drei Monate später gingen die Sozialdemokraten bei der Berufsheer-Volksbefragung sang- und klanglos unter: Nur rekordverdächtige 40 Prozent folgten ihrem Vorschlag.
Seither hagelte es weitere Rekorde: In drei der vier Bundesländer, in denen in denvergangenen Wochen Landtagswahlen stattfanden, fuhr die SPÖ das schlechteste Ergebnis seit 1945 ein in Niederösterreich, Tirol und Salzburg. In Kärnten jagten die Sozialdemokraten den moralisch und politisch gescheiterten Freiheitlichen mit einem Zugewinn von mehr als acht Prozentpunkten zwar denLandeshauptmannsessel ab. Dennoch war es das drittschlechteste Kärntner SPÖ-Wahlergebnis seit Kriegsende.
Die eklatante Schwäche der Roten in den Ländern ist kein ganz neues Phänomen: In Oberösterreich gab es schon 2009 mit 24,9 Prozent das magerste Abschneiden der Parteigeschichte. Im selben Jahr sanken die Sozialdemokraten in Vorarlberg auf kümmerliche 10,02 Prozent ab absoluter Negativrekord. In der Steiermark und in Wien setzte es 2010 das zweitschlechteste Landtagswahlergebnis der Zweiten Republik.
Negative Rekordergebnisse hatte es zuvor auch bei bundesweiten Wahlen gegeben: Bei den Nationalratswahlen 2008 war die SPÖ mit 29,3 Prozent erstmals unter der 30-Prozent-Marke geblieben; bei den Europawahlen von 2009 reichte es gar nur für 23,7 Prozent.
Und noch ein Rekord ist zu vermelden: Der Verlust von 15,6 Prozentpunkten in Salzburg übertraf sogar das für uneinholbar gehaltene 13,4-Prozent-Minus der Roten in Oberösterreich im Jahr 2009. Nur im Burgenland ist die Welt noch in Ordnung: Dort fuhr Landeshauptmann Hans Niessl 2010 bemerkenswerte 48,3 Prozent ein allerdings mit einem Anti-Ausländer-Wahlkampf, der eher zu HC Strache gepasst hätte als zu einem Sozialdemokraten.
Vier Monate vor einer Nationalratswahl sind Serienniederlagen bei Landtagswahlen pures Gift für die Stimmung der Funktionäre. Erste Umfragen des Gallup-Instituts nach dem für die SPÖ so fatalen Wahlsonntag von Salzburg zeigen, dass ihr Vorsprung auf die ÖVP auf Bundesebene auf nur einen Prozentpunkt geschrumpft ist. Die selbstberuhigenden Beteuerungen der Zentrale, Landtagswahlen und Nationalratswahlen seien zwei völlig verschiedene Urnengänge, stimmen schon allerdings schlägt das Pendel in beide Richtungen aus: In Nieder- und Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg schnitt die SPÖ bei den Nationalratswahlen 2008 um bis zu fünf Prozentpunkte besser ab als bei den zeitlich nächstgelegenen Landtagswahlen, in Wien, Salzburg, der Steiermark und dem Burgenland aber deutlich schlechter in Wien um zehn, in der Steiermark sogar um zwölf Prozentpunkte.
SPÖ-Wahlkampfchef Norbert Darabos, ein Mann von großer Leidensfähigkeit, bleibt dennoch gelassen: Jedes Schlechte hat auch etwas Gutes. Natürlich sind unsere Leute jetzt verunsichert. Aber die Wahlergebnisse bei den Landtagswahlen sind für uns auch ein Weckruf, dass die Nationalratswahl eben nicht gelaufen ist und wir uns anstrengen müssen. Derzeit plakatiert die SPÖ Retro-Parolen: SPÖ. Die Partei der Arbeit. Darabos: Wir setzen in dieser Zwischenkampagne auf Kernthemen, um unsere Kernwählerschichten zu verfestigen.
Woran krankt es in der SPÖ? Der Versuch einer Deutung auf sieben Problemfeldern.
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