Strache an „Fit mit Philipp“: „Du wirst bald moderieren“
Er macht im ORF-Morgenprogramm Kniebeugen und Sit Ups, läuft am Nationalfeiertag mit Vizekanzler Werner Kogler Runden um den Ring in der Wiener Innenstadt und „bewegt Österreich“, wie der ORF auf seiner Website schreibt. Philipp Jelinek turnt seit Jahren im Fernsehen und hat sich so zum ORF-Aushängeschild hochgehantelt: Zuerst als Sidekick in der Sendung „Guten Morgen Österreich“, ab Oktober 2020 dann in seinem eigenen Format, „Fit mit Philipp“. 2022 erreichte die Sendung laut ORF 1,87 Millionen Menschen – ein Viertel der Bevölkerung über 12 Jahren.
Jelineks ORF-Karriere war steil – und er hatte dabei einen prominenten Förderer: Den ehemaligen Vizekanzler und Sportminister Heinz-Christian Strache. Aus den Chat-Nachrichten, die profil vorliegen, geht hervor, dass sich Jelinek zumindest als Personal Trainer des Vizekanzlers sah. Dann schickt er ihm im Februar 2018 „Grüße vom Küniglberg“.
Strache hat bereits gehört, dass Jelinek bald moderieren werde – und zeigt sich erfreut darüber.
Jelinek zeigt sich in der Folge sehr ambitioniert, wie zuerst der Standard berichtete. Er informiert Strache immer wieder über seine Gespräche mit hochrangigen ORF-Angestellten und feilt an seiner Karriere. Er schreibt Strache: „Mit dementsprechendem Support sollte es uns gelingen mich entweder in ‚Guten Morgen‘ od am Nachmittag zu installieren.“ Strache antwortet: „Sehr gut!!! Danke für Info! Lg“.
Immer wieder will sich Jelinek mit Strache treffen, bietet ihm Informationen aus dem Haus an und sieht sich offenbar als „Vermittler“.
Jelinek geht es aber nicht nur um seine Person, sondern auch um die Sache. Immer wieder ist von einem „wir“ die Rede – nämlich dann, wenn es darum geht, wer der FPÖ wohlgesonnen ist und wer nicht. Jelinek stößt sich außerdem an einer „NÖ ÖVP Machtkonzentration im ORF“ („Das ist Irre was da abgeht!“) und hat Sendungsideen für Sportminister Strache.
Strache antwortet darauf nicht.
Als schließlich am Abend des 17. Mai 2019 das Ibiza-Video veröffentlicht wird und Straches Vizekanzlerschaft ein jähes Ende findet, meldet sich Jelinek bei seinem Förderer.
Weder Philipp Jelinek noch Heinz-Christian Strache haben auf eine profil-Anfrage reagiert.
Auf Facebook gab der frühere Vizekanzler allerdings bekannt, Jelinek sei nie sein persönlicher Fitnesstrainer gewesen, sondern ein „parteiunabhängiger Moderator und Fitnessprofi, den ich im Fitnessstudio kennengelernt habe“ und der im ORF seine Chance genützt habe. profil hat dies im Text entsprechend spezifiziert. Aus weiteren Chat-Nachrichten, die profil vorliegen, geht allerdings hervor, dass sich Jelinek zumindest 2018 als Personal Trainer des Vizekanzlers sah.
Eine Stellungnahme gibt es indes vom ORF-Redaktionsrat: „Die Chats zeigen ein trauriges Sittenbild, wie wenig politische Parteien - allen voran die FPÖ - von unabhängigem Journalismus halten“, schreibt das Gremium unter Führung von Eco-Moderator Dieter Bornemann. Der ORF solle offenbar von parteigenehmen Leuten geführt oder zusammengestutzt werden, heißt es weiter: „Das war in Zeiten der FPÖ-Regierungsbeteiligung so und das ist auch heute noch so, wie zahlreiche öffentliche Stellungnahmen der FPÖ in letzter Zeit belegen.“ Zudem bedauert der Redaktionsrat, „dass es immer wieder Leute gibt, die sich bei Parteien anbiedern und sich dadurch eine Karriere im ORF erhoffen. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Journalistinnen und Journalisten im ORF, die für kritische, objektive und unabhängige Berichterstattung stehen.“
Auch aus der ORF-Pressestelle heißt es: „Der ORF verwahrt sich gegen jegliche politische Einflussnahme. Der neue ORF-Ethik-Kodex schreibt neben vielen anderen Regelungspunkten auch klare Regeln für den Umgang mit Politikerinnen und Politikern sowie politischen Parteien fest.“
Für Yannick Shetty, Neos-Fraktionschef in den laufenden Untersuchungsausschüssen, zeigen die neuen Chat einmal mehr, dass die Medienpolitik der FPÖ „demokratiegefährdend“ sei. Es gehe den Freiheitlichen nur darum, „blaue Leute in wichtige Positionen zu hieven“ und unliebsame und kritische Journalistinnen und Journalisten „auszumisten“. Das sei „Postenschacher in Reinkultur“, so Shetty.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim verurteilt die „Attacken der FPÖ gegen unabhängige Medien“ in einer Aussendung scharf: „Die FPÖ tritt alles kurz und klein, was nicht in ihr autoritäres Weltbild passt. Demokratie, Menschenrechte, Pressefreiheit – nichts ist vor dem Angriff der Blauen sicher. Die FPÖ plant die Orbanisierung Österreichs und möchte aus unserem Land ein Gefängnis machen“
„Wieder einmal wird offensichtlich: Die FPÖ ist eine Gefahr für die Demokratie in Österreich“, kommentiert die grüne Fraktionschefin Meri Disoski: „Mit dem Ziel, kritische Berichterstattung gegen die eigene Partei zu verhindern, würden die Freiheitlichen am liebsten die gesamte Medienlandschaft kontrollieren.“