FPÖ-Chats, Teil 7

Strache an Kunasek: „Alle unsere Leute in Führungskräfteebene festsetzen!!!“

Ex-FPÖ-Chef Strache forderte „beinharte Personalpolitik“ im blauen Verteidigungsministerium. Doch Ex-Verteidigungsminister Mario Kunasek fand „wenige echte Treue“ für die FPÖ.

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Als Oppositionspolitiker in der Steiermark empört sich Kunasek über den angeblichen „rot-schwarzen Postenschacher“ in seinem Heimatbundesland.

Kunasek dürfte wissen, wovon er spricht. profil liegen bisher unbekannte Chats vor, die ein schiefes Licht auf seine Zeit als Verteidigungsminister von Ende 2017 bis Mai 2019 werfen.

Darin tauschen sich Kunasek und der damalige FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache unumwunden über Postenbesetzungen beim Bundesheer aus. Der Tenor: „treue“ Freunde sollen mit allen Mitteln nach oben befördert werden. Kunasek gelobt, den Befehlen seines damaligen Parteichefs Strache zu gehorchen: „Jawohl Sir… 😊“, antwortet er auf einen Besetzungswunsch.

Heinz-Christian Strache, 30. März 2019

Ist bei Militärkommando-Führung NÖ etwas ausgemacht? Wer ist dein Wunsch?

Mario Kunasek, 30. März 2019

Nein nichts ausgemacht… Bin dort wie überall mit den Landesgruppen in Abstimmung. Hast du jemanden?

Heinz-Christian Strache, 30. März 2019

Nein!!!!! Aber wäre wichtig….. die VP wünscht sich L[.]…. aber wir stellen den Minister und sollten unsere loyalen Persönlichkeiten positionieren!

Mario Kunasek, 30. März 2019

Das mach ich täglich! Erst gestern beim neuen Streitkräftekommando und nächste Woche bei der Basis. Wir haben in kürzester Zeit 3 Brigadekommandaten, unzähligen in der Zentralstelle, demnächst den MilKdt Tirol. Allerdings haben wir auch wenige echte Treue und viel neue „Treue”... wenn es Wünsche gibt mir das bitte zu sagen, bin dankbar für jeden echten Freiheitlichen in meinem Ressort.

Heinz-Christian Strache, 30. März 2019

Super!!!! Suche bitte, wegen Militärkommando NÖ!

Der damalige Vizekanzler nennt seinem Verteidigungsminister dann zwei konkrete Namen. Beide Männer seien „Wikinger”, schreibt Strache. Wikinger, dieser Hinweis findet sich in den Chats immer wieder. Gemeint ist offenbar die Akademische Tafelrunde Wiking zu Wiener Neustadt, die sich vor allem aus Schülern der Theresianischen Militärakademie rekrutiert. Die Wikinger sind Teil des weit rechts angesiedelten Wiener Korporationsringes (WKR). 

Einer der beiden möglichen Kandidaten für die Leitung des Militärkommandos Niederösterreich sei zudem „derzeit im Kabinett”. Mehr Information schickt der damalige FPÖ-Chef seinem Verteidigungsminister nicht. Stattdessen schlägt er vor, „bei unserem Personalisten” im Verteidigungsministerium nachzufragen – und betont einmal mehr: 

Heinz-Christian Strache, 30. März 2019

[...] Die ÖVP hat eh das Militärkommando Salzburg bekommen und jetzt den Stabchef der Streitkräfte, ich denke das ist ausreichend. [...]

Heinz-Christian Strache, 30. März 2019

Ist unser Ressort wir müssen unsere loyalen Leute in der Führung festsetzen! Lg

Dabei stößt der damalige Vizekanzler allerdings auf ein Problem: Die Leitung des Militärkommandos sei bereits fixiert, teilt ihm Reinhard Teufel, damals Kabinettschef im Innenministerium und heute blauer Klubchef in Niederösterreich mit. Strache leitet einen Teil der Nachricht weiter und fragt den damaligen Verteidigungsminister Kunasek: 

Heinz-Christian Strache, 30. März 2019

Stimmt das?

[...] LV - Militärkommando - wurde mit Stefan Pernkopf ausgemacht und ist bereits fix!! Und wird nächste Woche umgesetzt

Und die andern Punkte besprechen wir [...] intern einmal durch - da brauch ich keine Frau Mikl-Leitner dazu - und den Herrn Sobotka schon gar nicht!!

Lg Reinhard Teufel

Heinz-Christian Strache, 30. März 2019

Wäre nämlich nicht gut!!! Wir hätten Freiheitliche!

In weiterer Folge schlägt Strache noch einen weiteren Kandidaten vor. Kunasek reagiert offenbar genervt: Die blauen Landesparteien müssten ihm ihre „Wünsche” direkt bekanntgeben:

Mario Kunasek, 30. März 2019

Wann etwas passiert entscheide ich. Jetzt haben wir mal Streitkräftekommando und Basis, dann wird mir das Ergebnis des Hearings vorgelegt und dann entscheide ich. L[.] ist Wunsch der ÖVP ja.
Alle Landeswehrsprecher sind angehalten mir Wünsche bekanntzugeben. Über 3 Ecken geht das nicht.

Doch Strache lässt nicht locker: Die FPÖ habe „top Leute! Und wir müssen beinhart besetzen!”, schreibt der damalige Chef der Freiheitlichen. Straches nächster Personalvorschlag für die Führung des österreichischen Militärs hat dann eine persönliche Komponente:

Heinz-Christian Strache, 30. März 2019

D[.] ist auch top und einer aus meiner Jugenzeit :-)

Mario Kunasek, 30. März 2019

Jawohl Sir…:-)

Heinz-Christian Strache, 30. März 2019

[...] :-) Herr Verteidigungsminister….. beinharte Personalstrategie ist wichtig… in der Periode alle unsere Leute in Führungskräfteebene festsetzen!!!

Heinz-Christian Strache, 30. März 2019

Ja und vor allem, sei mir bitte nicht böse, dürfen wir die Schwarzen nicht überall einsetzen. [...] Verstehe, dass wir dem Koalitionspartner ein paar Zugeständnisse machen sollen, aber beinharte Personalpolitik und Strategie für unsre Leute ist das Gebot der Stunde!!!!

„Fachlich perfekt und uns zugehörig“

Mario Kunasek lässt auf profil-Anfrage ausrichten, er habe sich als Verteidigungsminister bei allen Personalentscheidungen strikt an die gesetzlichen Vorgaben und die Vorschläge der Begutachtungskommission gehalten. Zudem habe Kunasek auch der FPÖ nahestehende Kandidaten nicht bestellt, wenn sie nicht aus Sicht der Kommission „im höchsten Ausmaß“ geeignet waren, und: „Er legte in seiner Verantwortung als Bundesminister niemals den Fokus auf Parteizugehörigkeit, sondern stets darauf, was die Truppe braucht.“

Die blauen Postenwünsche beim Militär passen ins Bild. Die Freiheitlichen, die einst zu den lautesten Kritikern von rot-schwarzer Ämterpatronage im öffentlichen Dienst gehörten, haben in ihrer kurzen Regierungszeit von 2017 bis 2019 offenbar viel Energie darauf verwendet, Vertraute in Topjobs zu hieven.

Am 26. Jänner 2019 sitzt Philipp Trattner, hochrangiger Kabinettsmitarbeiter von Heinz-Christian Strache, nämlich an den „Listen für die Vorstände“, die bereits im Strache-Prozess Thema waren. Er bespricht anhin per Chatnachrichten eine Reihe an Personalien. Es gäbe „viele Wünsche“, schreibt Trattner. 

Strache und Trattner tauschen sich über Kandidaten für Aufsichtsräte und Geschäftsführungen aus, es geht unter anderem um den Verbund, um die OMV, die Post oder die ÖBB. Wichtig dabei ist Trattner anscheinend die Farbe der Bewerbenden: „Wir nehmen keine schwarzen 🙂“, schreibt er am 20. April an Strache. Diesem wiederum ist wichtig, dass die Kandidaten „fachlich perfekt“ sind, aber auch, dass sie „uns zugehörig“ sind.

Heinz-Christian Strache, 20. April 2019

Wir nehmen die oder den Beste(n), welcher fachlich perfekt ist und uns zugehörig ist!

PK ÖHB ZUM SPORTLICHEN UND WIRTSCHAFTLICHEN IMPACT DER EURO 2020: TRATTNER
Philipp Trattner, 20. April 2019

Das denke ich auch, wir müssen bei den Bestellungen Vorstände, AR, GF die Zügel etwas anziehen. [...]

So lautete also die Formel der blauen Postenbesetzungen. Fachlich geeignet, aber vor allem: loyal zu den Freiheitlichen. 

Heinz-Christian Strache und Philipp Trattner haben bisher nicht auf eine profil-Anfrage reagiert. 

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

war bis Oktober 2024 stv. Online-Ressortleitung und Teil des faktiv-Teams.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.