Strache an Teufel: „Wohin kann ich eine Intervention schicken?”
Es könnte so einfach sein: Wer einen beruflichen Wunsch hat, wendet sich an einen Freund und der regelt das. Freunderlwirtschaft nennt man dieses Konzept in Österreich. Allzu oft entscheidet zudem das Parteibuch, ob es auch Erfolg hat. Die FPÖ kritisierte die ehemaligen Großparteien ÖVP und SPÖ jahrzehntelang dafür, dass sie sich den Staat so untereinander aufteilten.
Chats auf dem Handy des ehemaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache, die profil vorliegen, lassen nun den Verdacht aufkommen: Nicht die Parteibuchwirtschaft störte die FPÖ, sondern die Parteifarben, die bevorzugt wurden. Denn während der türkis-blauen Regierung 2019 intervenierten die Freiheitlichen offenbar ungeniert in den Beamtenapparat.
Mit seinen etwa 37.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war das Innenministerium immer ein beliebtes Ziel von parteipolitisch motivierten Umfärbe-Aktionen. Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser hatte in den frühen 2000ern den Auftrag, das traditionell rot-geführte Ressort ganz auf schwarz zu polen. Herbert Kickl war bis Mai 2019 nur eineinhalb Jahre Innenminister, doch selbst in dieser kurzen Zeitspanne hievte er zahlreiche blaue Parteigänger in Top-Positionen im Ressort.
Über Ostern berichtete etwa die „Zeit im Bild”, dass Kickl im März 2019 die Bestellung von Franz Popp zum niederösterreichischen Landespolizeidirektor hinausgezögert haben soll. Der heutige FPÖ-Chef habe damit lediglich „unzulässige Interventionen” der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) abgewehrt, argumentiert die Freiheitliche Partei.
Doch Kickls Kabinett dürfte in der türkis-blauen Regierung auch Ansprechpartner für einfache Postenbesetzungen gewesen sein, wie neue Chats zeigen. So wandte sich Strache etwa im Februar 2019 mit einer einfachen Nachricht an Reinhard Teufel. Teufel war damals Kabinettschef im Innenministerium unter dem heutigen FPÖ-Chef Herbert Kickl, mittlerweile führt er den FPÖ-Klub in Niederösterreich, wo die Freiheitlichen einmal mehr mit der ÖVP koalieren.
Eine Beamtin aus St. Pölten wolle vor ihrer Pensionierung auf ihrer bisherigen Stelle bleiben, erklärt Strache. Ohne weitere Nachfrage liefert Teufel einen Kontakt im Innenministerium. Warum sich die Beamtin an den damaligen Vizekanzler Strache und nicht an Stelle im Innenministerium wandte, erschließt sich aus dem Chat nicht. Auch ob der Intervention Straches gefolgt wurde, lässt sich aus den Nachrichten nicht herauslesen.
Teufel sieht „Bürgerservice”
Auch Teufel kennt den Ausgang der Intervention laut eigenen Angaben nicht: Für ihn sei die Angelegenheit mit der Weiterleitung an die zuständige Dienststelle erledigt gewesen, er habe sie daher nicht weiter verfolgt. Grundsätzlich würden Politikerinnen und Politikern „täglich Anfragen und Bitten von Bürgern herangetragen”, so Teufel. In Regierungsverantwortung würde sich dies häufen: „Das ist auch nichts Verwerfliches.” Auch er habe derartige „Interventionen“ an die zuständigen Stellen weitergeleitet und dabei darauf geachtet, dass sie „von den zuständigen Stellen 'lege artis' behandelt” wurden. Das sei „schlicht und einfach Dienst am Bürger”, so Teufel: „Man kann auch Bürgerservice dazu sagen.”
Ex-Vizekanzler Strache nahm auf profil-Anfrage nicht Stellung. Teufel könnte weitere Fragen zu seinem Chatverlauf mit Strache nächste Woche beantworten müssen: Am 11. April ist er als Auskunftsperson in den “Rot-Blauen-Machtmissbrauch”-U-Ausschuss geladen.
Politische Postenbesetzungen kostet die Republik - und damit die Steuerzahler - viel Geld. Kandidaten, die aufgrund der falschen Parteizugehörigkeit leer ausgingen, die aber besser für den Job geeignet gewesen wären, klagten auf das entgangene Gehalt - und bekamen im Zeitraum von 2011 bis 2023 über eine halbe Million Euro zugesprochen. Die entgangenen Posten erhalten die Übergangenen nicht. Die politischen Günstlinge bleiben im Amt - bis zur nächsten Umfärbung.