SPÖ-Frauenchefin Eva-Maria Holzleitner und LH-Stellvertreterin im Burgenland, Astrid Eisenkopf.
Doppel-Interview

Team Rendi-Wagner vs. Team Doskozil: "Nein zur FPÖ", „Unklug, das auszuschließen“

SPÖ-Frauenchefin Eva-Maria Holzleitner diskutiert mit Burgenlands Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf über rote Querschüsse, die FPÖ und den Mindestlohn.

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Hans Peter Doskozil will „keinen Rosenkrieg“, sondern „inhaltliche Fragen klären“. Aber um welche Inhalte geht es ihm?
Eisenkopf
Hans Peter Doskozil macht seine große Klarheit aus. Er setzt die Dinge um, das ist sein Vorteil als Landeshauptmann. Wir sind ja eine sozialdemokratische Familie. Die Meinungen liegen nicht so weit auseinander, aber die Nuancen unterscheiden sich. 
Welche Nuancen?  
Eisenkopf
Zum Beispiel beim gesetzlichen Mindestlohn für öffentlich Bedienstete. Da gab es Differenzen mit der Gewerkschaft. Aber Doskozil hat im Vorstand klar gesagt, dass er bei dem Thema gesprächsbereit ist. Wir haben es im Land übrigens mit der Personalvertretung beschlossen, und die Gemeinden haben es freiwillig umgesetzt.

 

Holzleitner
Beide Seiten haben Lösungen, die sie nach außen tragen. Pamela Rendi- Wagner setzt auf Verhandlungen mit der Gewerkschaft, der Sozialpartnerschaft. Aber am Ende geht es darum, was die Menschen am Konto haben. Der Rest ist Partei-Abmachungssache.
Genau darum soll es hier gehen. Die SPÖ kann von der Proteststimmung im Land nicht profitieren. Liegt das an Rendi-Wagner?
Holzleitner
Pamela Rendi-Wagner hat auch in der Opposition eine staatstragende Verantwortung übernommen, vor allem während der Pandemie. Vielleicht hat  da unter Wählerinnen und Wählern eine Vermischung zwischen Regierung und Opposition stattgefunden. Aber trotzdem hat sie Kritik klar geäußert und Initiativen gesetzt, zum Beispiel bei der Teuerung.

 

Offenbar nicht klar genug, sonst würde Frau Eisenkopf Doskozils Klarheit nicht so hervorheben.
Holzleitner
Es gibt eben zwei Ansichten. Jetzt ist es wichtig, den Entscheidungsprozess bis zur Befragung solidarisch miteinander zu bestreiten.
Steht Doskozil links oder rechts von Rendi-Wagner?
Eisenkopf
Darauf möchte ich mich gar nicht einlassen. Ich finde es interessant, dass man versucht, ihn in ein rechtes Eck zu drängen. Seine Sozialpolitik ist nämlich dezidiert links. Es spitzt sich nur eben auf die Migrationspolitik zu.

 

Interessant, dass man versucht, Doskozil in ein rechtes Eck zu drängen.

Astrid Eisenkopf, Burgenländische Vize-Landeshauptfrau

Und auf die FPÖ, mit der er schon koaliert hat.
Eisenkopf
Das war 2015 die Koalition unter Hans Niessl. Es kommt immer auf die handelnden Personen an. Doskozil hat die Kickl-FPÖ eindeutig ausgeschlossen. Die SPÖ hat einen Wertekatalog, an den er sich halten würde. Wir haben übrigens bei der Gemeinderatswahl geschafft, die FPÖ zu halbieren, und nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz hat Doskozil eine Viererkoalition mit der FPÖ ausgeschlossen. Rendi-Wagner hat das damals nicht getan.
Holzleitner
Ich unterstütze Pamela Rendi-Wagner und ihre Einstellung. Sie schließt eine Koalition mit der gesamten FPÖ aus.

 

Warum sollte man sich eine Option offenlassen, mit der FPÖ ohne Kickl zu koalieren?
Eisenkopf
Ich halte es nicht für strategisch klug, von vornherein eine Option auszuschließen. In der Vergangenheit hat man gesehen, dass man dann einer Partei ausgeliefert ist. Wo Doskozils Präferenzen liegen, hat er auch schon gesagt: bei einer Ampel-Koalition.
Würden Sie, Frau Holzleitner, im Nationalrat Rot-Blau die Treue halten?
Holzleitner
Ich würde mir extrem schwertun. Ich unterstütze das Nein zur FPÖ. Gerade als Frauenpolitikerin sehe ich nicht viele Überschneidungspunkte. Zum Beispiel lehnt die FPÖ Quoten ab.
Eisenkopf
Die haben wir mit der ÖVP aber auch oft nicht. Das ist dann eben Verhandlungssache.
Holzleitner
Das ist komplett richtig! Auch die haben ein konservatives Frauenbild.

 

In der „ZIB 2“ hat Rendi-Wagner spürbar versucht, sich in der FPÖ-Frage von Doskozil abzugrenzen. Ist das nicht zu wenig Programm, zu wenig Unterschied?
Holzleitner
Wer sagt, dass das das einzige Programm ist?
Welche Unterschiede gibt es noch?
Holzleitner
Es gibt genug Programme, für die sich Rendi-Wagner im Parlament einsetzt. Zum Beispiel bei der Mietpreisbremse. Die Nuancen, wo sich die beiden unterscheiden, wird man im Hearing ausarbeiten.
Eine Nuance ist der Wohnbau. Im Burgenland kann der geförderte Wohnbau zum Eigentum werden. Ist das ein Modell für ganz Österreich?
Holzleitner
Ich glaube, dass das in einer Stadt wie Wien mit den unzähligen Gemeindewohnungen schwierig ist. Man muss sich das regional anschauen.
Eisenkopf
Das ist mit ein Grund, warum sich diese Nuancen ergeben. Weil man die Lebensrealitäten in einer Stadt oft nicht mit denen am Land vergleichen kann.

 

Es gab immer wieder Querschüsse gegen Rendi-Wagner. Hat sie denn eine faire Chance bekommen?
Holzleitner
Wir hatten tatsächlich oft das Problem, dass wir Inhalte präsentiert haben, aber nur die Querschüsse hängengeblieben sind.
Zum Beispiel aus dem Burgenland.
Holzleitner
Zum Beispiel, ja. Ich war im Wahlkampf in Kärnten dabei, und es ist die Frage gekommen: Bist du Team A oder Team B? Und nicht: Was willst du für Kärnten? Viele unserer Mitglieder sind genervt von dieser Diskussion. Deswegen müssen wir diesen Prozess, auf den wir uns geeinigt haben, dazu nutzen, unsere Mitglieder zu motivieren.
Inszeniert sich Doskozil jetzt als Retter der SPÖ aus einer Situation, die er selbst mitproduziert hat?
Eisenkopf
Es ging ihm nie um Rendi-Wagner als Person, er hat nie behauptet, sie macht es falsch. Es ging ihm um die inhaltliche Ausrichtung, die ihm im Burgenland recht gibt. Dass das oft medial anders hochgespielt wird, ist eine andere Sache.
Er hat allerdings gewusst, was er auslöst. Das waren nicht die Medien.
Eisenkopf
Aber gerade jetzt – mit der Teuerung, der Situation in der ÖVP – sollte die SPÖ klar an der Spitze sein. Dass er an seinen eigenen Themen festhält, ist auch in Ordnung. Was ich nicht so stehen lassen möchte, ist, dass Doskozil jetzt dafür verantwortlich ist, dass die Bundes-SPÖ in den Umfragen nicht ideal liegt.

 

In Wien ist jede dritte junge Person nicht wahlberechtigt. Ein Problem.

Eva-Maria Holzleitner, SPÖ-Frauenchefin

Wie unterscheidet sich Doskozil beim Thema Migration von der Linie der Bundespartei?
Eisenkopf
Inhaltlich gar nicht so stark. Er hat sich als Landespolizeidirektor und später als Verteidigungsminister ein Image in dem Bereich aufgebaut. Das Thema ist im Burgenland auch präsenter als anderswo. Wir haben permanent Grenzübertritte, wo dann Schlepper flüchten und durch die Ortschaften laufen. Das Thema muss man einfach ansprechen – und das tut er.
Die Wiener SPÖ will ja, dass Zuwanderer nach fünf Jahren eine Chance auf die Staatsbürgerschaft haben. Können Sie sich damit anfreunden?
Holzleitner
In Wien ist jede dritte junge Person nicht wahlberechtigt. Das ist natürlich ein Problem. Es ist gut, dass sich die Wiener SPÖ dem angenommen hat. Und natürlich kann sie diese Position auch beim nächsten Bundesparteitag einbringen. Der kommt bestimmt.
Eisenkopf
Die Staatsbürgerschaft ist wirklich ein hohes Gut, und jede Schraube, an der man dreht, muss man sich genau überlegen. Das ist ein sehr emotionales und sensibles Thema bei der Bevölkerung.

 

Zum Schluss, Frau Eisenkopf: Gibt es etwas, das Sie an Pamela Rendi-Wagner schätzen?
Eisenkopf
Ich schätze, dass Rendi-Wagner in den letzten vier Jahren wirklich sehr viel Durchhaltevermögen bewiesen hat. Und ich rede jetzt nicht von den eigenen Querschüssen, sondern von der Oppositionsarbeit im Parlament. Das ist ein Knochenjob,  keine leichte Aufgabe, und da hat sie sicherlich auch ihren Job sehr gut gemacht.
Was schätzen Sie an Hans Peter Doskozil, Frau Holzleitner?
Holzleitner
Ich schätze an Doskozil, dass er jetzt die Karten auf den Tisch gelegt hat. Und natürlich steht die Sozialdemokratie im Burgenland gut da, und das ist sicher auch sein Verdienst als Parteivorsitzender.
Iris Bonavida

Iris Bonavida

ist seit September 2022 als Innenpolitik-Redakteurin bei profil. Davor war sie bei der Tageszeitung "Die Presse" tätig.

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.