Terror in Wien: Was wir bisher über Attentäter F. wissen

K. F. wurde in Österreich geboren und wuchs hier auf. 2018 wollte er sich dem IS anschließen und erweckte auch die Aufmerksamkeit des BVT. 2019 wurde er wegen „terroristischer Vereinigung“ verurteilt. Das Urteil erzählt einen Teil seiner Geschichte.

Drucken

Schriftgröße

2019 wurde der bis dahin unbescholtene K. F. gemeinsam mit einem Komplizen wegen „terroristischer Vereinigung“ nach Paragraf 278b des Strafgesetzbuches zu 22 Monaten Haft verurteilt (die er teilweise absaß, ehe er im Dezember 2019 entlassen wurde).

F. hatte im September 2018 versucht, via Türkei nach Syrien einzureisen, um sich der Terrororganisation Islamischer Staat anzuschließen. Er wurde jedoch noch vor dem Grenzübertritt in der Türkei verhaftet.

profil liegt das Urteil des Landesgerichts Wien gegen den damals 19-Jährigen vor, das zugleich auch einen Teil seiner Geschichte erzählt.
 

K. F. wurde demnach am 24. Juni 2000 in Mödling nahe Wien geboren, er besuchte Volks- und Mittelschule, danach die HTL in Wien-Ottakring, wo er drei Klassen absolvierte. Laut dem Urteil war er österreichischer Staatsbürger, nach Medienberichten soll er allerdings auch eine nordmazedonische Staatsbürgerschaft besessen haben. Die Eltern stammen aus Mazedonien, der Vater Gärtner, die Mutter im Einzelhandel tätig, er hatte eine jüngere Schwester. „Seit der Pubertät hatte der Angeklagte zu Hause massive Probleme, wobei es auch zu Gewalterfahrungen kam“, heißt es im Urteil.

Die österreichische Justiz sah es als gesichert an, dass F. gemeinsam mit dem zweiten Angeklagten „regelmäßig (auch fundamentalistische) Moscheen“ aufsuchte, „salafistischen Predigern“ folgte und sich „strikt an die Regeln des Islam“ hielt. Und er hatte auch die Aufmerksamkeit des BVT erweckt: „Aufgrund internationaler Erkenntnisse erlangte das Bundesamt Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung davon Kenntnis, dass sich die Angeklagten der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat anschlossen, bereits Vorkehrungen für ihre geplante Ausreise nach Kabul trafen und in Begriff standen, das Bundesgebiet Richtung Afghanistan zu verlassen.

Die Kommunikation „mit Personen, welche sich dem IS bereits angeschlossen hatten“ lief dabei über den Messenger-Service „Telegram“.

Ursprünglich wollten beide Männer am 22. August 2018 von Wien nach Kabul fliegen (Rückflug 30. August). Sie konnten die Reise aber schlussendlich nicht antreten, weil sie keine Visa für Afghanistan hatten. F. soll daraufhin beschlossen haben, auf eigene Faust nach Syrien zu reisen. Er flog am 1. September 2018 mit Turkish Airlines nach Istanbul und von da weiter in die Provinz Hatay im Süden des Landes. Er wurde in weiterer Folge von einem Mittelsmann in ein Einfamilienhaus gebracht, wo sich bereits „zwei Deutsche und ein Belgier“ befanden. Zum Grenzübertritt kam es letztlich nicht, denn am 15. September wurde F. in der Türkei festgenommen.

Kurz vor seiner Abreise hatte er via Telegram ein Propaganda-Video des „Islamischen Staats“ geteilt.

Auf Facebook war ein Posting auf einem türkischen Account zu finden, das vom 2. September 2018 stammte (einen Tag nach F.s Abreise aus Wien). Der Verfasser veröffentlichte ein Foto des Mannes nebst eines Aufruf im Namen der besorgten Familie – K. sei verschwunden, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Inzwischen ist das Posting gelöscht.

Zur Persönlichkeitsstruktur des späteren Attentäters notierte das Gericht 2019: „Bei Gesprächen mit der Jugendgerichtshilfe zeigte sich K. F. aufgeschlossen und zugänglich. Er wirkte sehr belastet, aber durchaus reflexionsbereit und kognitiv gut strukturiert. Er negierte zwar jegliche Radikalisierungstendenzen, jedoch konnte nach wie vor ein erhöhtes Interesse am IS (u.a. aufgrund der Nachrichtenverfolgung über die Lage in Syrien) nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“ Nikolaus Rast, der F. im Strafverfahren damals verteidigte, sagt gegenüber profil, „er könne sich nicht im Ansatz vorstellen, wozu der junge Bursche fähig war. Sowohl das Gericht als auch ich habe mich getäuscht. Ich distanziere mich auf das Allerschärfste. Entweder er hat alle getäuscht oder seine Radikalisierung ist erst nachher passiert.“

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.

Edith   Meinhart

Edith Meinhart

war von 1998 bis 2024 in der profil Innenpolitik. Schreibt über soziale Bewegungen, Migration, Bildung, Menschenrechte und sonst auch noch einiges.