Der Volksempfänger: Was uns bei Norbert Hofer Angst macht
Es gibt Sozialdemokraten, die geraten ins Schwärmen über Nobert Hofer. Sie sehen in ihm einen freiheitlichen Politiker neuen Typs: freundlich, leutselig, sachorientiert und kompetent – einen, mit dem man sich zusammentut, ohne dass jemand etwas dagegen haben könnte. Mit demselben Recht ist man entsetzt, hört man Nobert Hofer im Bierzelt von der „Invasion der Muslime“ reden, von der „freiheitlichen Erneuerungskraft, die mit dem Besen durch das Land fegt“, oder dass man sich noch wundern werde, was alles möglich sei, wenn er erst einmal in der Hofburg sitze.
Autoritäres Amtsverständnis
Unverhohlen hat Hofer in diesem Wahlkampf das Amtsverständnis eines autoritären Präsidenten herausgekehrt, eines Präsidenten, der die Regierung wegen ihrer Flüchtlingspolitik entlassen hätte und der sie jederzeit wieder entlassen würde, wenn er zur Ansicht käme, sie regiere am Volk vorbei.
Die Regierung davonjagen, Heinz-Christian Strache zum Kanzler ernennen, auf dessen Geheiß den Nationalrat auflösen, mit Notverordnungen regieren: Das alles erlaubt die österreichische Verfassung dem Bundespräsidenten. Er kann die Verhältnisse auf den Kopf stellen, ohne zu putschen. Er hat Rechte und Möglichkeiten, die in Vergessenheit geraten sind, weil sie jahrzehntelang vor sich hin schlummerten. Denn die beiden (einst) großen Parteien hatten sich nach 1945 darauf verständigt, sie nicht zu nützen.
Geschönte Biografie
Hofer hat seine forschen Ansagen im Laufe des Wahlkampfs etwas zurückgenommen (siehe Interview). Er war auch sehr darum bemüht, nicht als ein in der Wolle gefärbter Blauer dazustehen. In Interviews erweckte er den Eindruck, er stamme aus einem ÖVP-Elternhaus mit weit zurück reichenden christlich-sozialen Wurzeln. Gegenüber profil sagte Hofer, sein Vater sei bei der ÖVP gewesen. Laut dem „Freiheitlichen Gemeindekurier“ war Hofers Vater Gerwald jedoch FPÖ-Gemeinderat in Pinkafeld und Obmann des freiheitlichen Seniorenrings im Burgenland. Zum 50. Jahrestag der Befreiung veröffentlichte Hofer senior in jener Zeitung ein „Senioren-Manifest“, in dem er seine Generation als „Opfer eines Krieges“ darstellte, in den sie „guten Glaubens und idealistisch“ gezogen seien. Kein Wort der Reue und der Mitverantwortung für den NS-Massenmord.
In derselben Ausgabe wurde Rudolf Jauschowetz, ein guter Freund der Familie Hofer, damals FPÖ-Chef von Pinkafeld und Gründer der Burschenschaft Marko-Germania, vom damaligen FPÖ-Obmann Wolfgang Rauter gegen „ideologische Extremisten“ in Schutz genommen. Jene Burschenschaft, deren Ehrenmitglied Norbert Hofer ist, stand nämlich schon zu diesem Zeitpunkt im Ruch rechtsextremer Tendenzen. Und Hofer war damals Pressesprecher von Rauter.
Wer ist dieser Politiker, der seine Biografie für die politische Mitte aufbereitet hat …
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