Unerlaubte Briefwahl-Anträge: Wahlbehörde rügte ÖVP
Die Idee war raffiniert, aber rechtlich nicht ganz sauber: Wahlhelfer der ÖVP riefen in den Sommermonaten hunderte Wiener durch. Ihre Mission: Sie sollten die Stimmberechtigten zur Briefwahl motivieren. Als besonderen Service boten die türkisen Wahlkämpfer den Leuten an, den Wahlkartenantrag für sie zu erledigen. Bis Ende August wurden vom Server einer ÖVP-eigenen Werbeagentur mehr als 470 Wahlkartenanträge bei der Wiener Wahlbehörde gestellt.
Doch die Briefwahlhilfe hat einen Haken: Wahlkarten dürfen nur vom Wähler selbst beantragt werden – so sieht es die Wiener Gemeinderatswahlordnung vor. Die Telefonaktion trug der ÖVP deshalb nun eine Rüge von der Wahlbehörde ein. „Mit der wahlwerbenden Partei wurde telefonisch Kontakt aufgenommen, um diese Vorgehensweise abzustellen“, heißt es in einem Brief, den die für Wahlen zuständige Magistratsabteilung 62 an die Bezirksämter schickte.
Laut dem Schreiben, das profil vorliegt, dürfte es bei manchen Telefonaten mit den ÖVP-Wahlhelfern zu Missverständnissen gekommen sein. Als einige Bezirksämter die Anträge überprüften, teilten ihnen die betroffenen Wähler „teilweise mit, dass sie gar keine Wahlkartenanträge stellen wollten“.
Bis zu 40% könnten per Post wählen
Hintergrund für die telefonische Briefwahlhilfe der Wiener ÖVP dürfte die Corona-Pandemie sein: bis zu 40 Prozent der Wähler könnten am 11. Oktober ihren Stimmzettel mit der Post aufgeben, schätzt Wahlforscher Christoph Hofinger vom Institut SORA. Doch für viele Wähler wäre es die erste Briefwahl. Die Wahlwerber haben also diesmal ein besonderes Interesse daran, dass ihre Sympathisanten rechtzeitig Wahlkarten beantragen. Die Telefonkampagne sollte dabei ein wenig nachhelfen.
Die ÖVP Wien bestätigte auf profil-Anfrage die Briefwahlhilfe – allerdings nur für Parteimitglieder: „Bei Bedarf wurde Unterstützung angeboten. Nach Rücksprache mit der Wahlbehörde sind wir von dieser Vorgehensweise abgegangen.“ Den von Neos und dem Blog Semiosis geäußerten Vorwurf, dass auch Nicht-Parteimitglieder von der ÖVP angerufen wurden, wies die Partei zurück. Die Türkisen wollen die Möglichkeit der Briefwahl aber weiterhin bewerben – als „gute Alternative, sicher die Stimme abzugeben“.
In ihrem Schreiben ersuchte die MA 62 als Wahlbehörde die Bezirksämter jedenfalls, weiterhin ein Auge auf die Causa zu haben: „Sollten noch weitere Online-Wahlkartenanträge über den genannten Server einlangen, bitte die MA 62 zu verständigen.“