Unterlagen zu Postenbesetzungen beim Dachverband vernichtet
Die türkis-blaue Fusion der Krankenkassen stand von Beginn an unter Umfärbe-Verdacht. Der Rechnungshof nimmt freilich keine politischen Wertungen vor. Aber er beschäftigte sich in seiner Prüfung der Reform der Sozialversicherungsträger auch mit Personalbesetzungen. profil liegt der Rohbericht vor.
Demnach lief die Bestellung des Büroleiters des neuen Dachverbands, der über allen Sozialversicherungsträgern steht, mysteriös ab. Die Wahl fiel auf den Investmentbanker Martin Brunninger, wobei seine fachliche Eignung nur zu 10 Prozent gewichtet wurde. Entscheidend für seine Bestellung war das Ergebnis eines allgemeinen Persönlichkeitstests (30 Prozent) und des persönlichen Eindrucks in einem Interview mit einem Personalberater (60 Prozent). Allerdings konnte dem Rechnungshof nicht dargestellt werden, auf welchen Grundlagen der Personalberater seine Einschätzung traf. Denn, bitte festhalten: „Der Dachverband legte dem RH ein Schreiben des Personalberaters vor, dass dieser alle Unterlagen zum Verfahren unter Rücksichtnahme auf den Datenschutz vernichtet habe. Der Dachverband habe in seiner internen Organisation keine Unterlagen; er verwies dazu auf die Umzüge und die Zuständigkeitswechsel im Zuge der Reorganisation.“
Problematisch lief die Personalauswahl auch bei der ÖGK: Während die SVS und die BVAEB je nach Aufgabengebiet von ihren Führungskräften juristische, wirtschaftliche oder technische Qualifikationen verlangten, agierte die ÖGK weniger treffsicher. Die drei Stellvertreter des Direktors wurden gesammelt ausgeschrieben, „ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob z.B. eine Führungskraft für den IT–Bereich, den Finanzbereich, Vertragspartnerverhandlungen oder die Organisation eigener Einrichtungen gesucht wurde“, wie der Rechnungshof schreibt. Und: Während die Personalberater bei der BVAEB zur Bewertung der Bewerber die einzelnen Kriterien der Ausschreibung beurteilten, sei eine derartige Beurteilung bei der ÖGK „nicht nachvollziehbar“ gewesen.
Der Rechnungshof übt unverblümte Kritik an den Besetzungsverfahren und hält „Verbesserungen im Ablauf für geboten“. Die Beurteilung sollte möglichst objektiv und nachvollziehbar sein, so die Prüfer: „Dazu war der bloße Verweis auf den persönlichen Eindruck in einem Interview mit einem Personalberater nicht geeignet.“
Intransparenz zieht sich durch den gesamten Kassenreformprozess: Mit der Neuordnung der Sozialversicherung wurden auch die Kontrollversammlungen der Gebietskrankenkassen abgeschafft. Die Reform erschwerte also auch die Überprüfung ihrer eigenen Ziele.
Der Rechnungshof empfiehlt dem Sozialministerium, „auf eine gesetzliche Regelung zur verpflichtenden Einrichtung eines Kontrollgremiums für die Sozialversicherungsträger und den Dachverband hinzuwirken“.