Verteidigung

Europa ohne US-Schutz: Was trägt Österreich zur Sicherheit bei?

Kaltstart für die Regierung: Die neue Weltunordnung bedroht auch Österreich. Die Neutralität macht uns zum Sonderling in der EU.

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Als Vizebürgermeister von Wiener Neustadt beschäftigte sich Christian Stocker, ÖVP, unter anderem mit den Gemeindefinanzen, einer umstrittenen Ostumfahrung und der Forderung nach einem Wachzimmer am Bahnhof. Vergangenen Donnerstag saß der frisch ernannte Bundeskanzler im Kreis der Regierungschefs der EU in Brüssel und lauschte den Ausführungen von Präsident Emmanuel Macron, der Europa mit den französischen Nuklearwaffen vor Russland schützen will. Eine Woche zuvor hatte sich Stockers Amtsvorgänger Alexander Schallenberg am Opernball in einem ORF-Interview mit Mirjam Weichselbraun in Champagnerlaune zur „Soft Power“ Österreichs geäußert: „Wir haben vielleicht keine Atomwaffen, aber wir haben Wolfgang Amadeus Mozart.“

Die Faschingslaune ist verflogen. Eine Schonfrist ist der neuen Dreierkoalition nicht vergönnt. Kanzler Stocker, Vizekanzler Andreas Babler und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger – alle drei Regierungsrookies – sehen sich nach wenigen Tagen im Amt mit der größten Bedrohung für die EU seit deren Gründung konfrontiert.

Daheim in Wien drängen Budgetdefizit, Arbeitslosigkeit und Rezession – doch in Brüssel wird über Trump, Putin, Aufrüstung und die neue Weltunordnung diskutiert. Was kann die kleine mitteleuropäische Republik mit ihrer sonderbaren Neutralität zur Sicherheit der EU beitragen – außer Soft Power mit Mozart und Walzerklang?

Ende September 2024 legte die schwarz-grüne Bundesregierung dem Nationalrat eine neue Sicherheitsstrategie vor. Darin wird „die enge Kooperation zwischen EU und NATO“ als „Beitrag zur transatlantischen wie auch zur europäischen Sicherheit“ und als „entscheidender Träger der europäischen und damit der österreichischen Sicherheit“ bezeichnet. Beschlossen wurde die Sicherheitsstrategie nicht mehr. Die Nationalratswahl kam dazwischen.

Die Dreierkoalition will dem Nationalrat nun eine neue Sicherheitsstrategie vorlegen. Daraus soll das Verteidigungsministerium eine militärische Teilstrategie ableiten. Falls dazu bereits Arbeitspapiere erstellt wurden, müssen diese geschreddert werden. Denn das Risikobild für Österreich hat sich fundamental geändert.

Gernot Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Sein journalistisches Motto: Mitwissen statt Herrschaftswissen.