Van der Bellen kritisiert Mikl-Leitner in Bregenz: „War Mozart ‚normal‘? Sicher nicht!“
Wer ist ein normaler Mensch - und wer nicht? Diese Frage beschäftigt die österreichische Politik nach wie vor. Die ÖVP gibt sich jüngst als Vertreterin der „normal denkenden Menschen“, die Opposition sowie der eigene Koalitionspartner kritisieren diese Rhetorik mitunter heftig. Bundespräsident Alexander Van der Bellen legte heute in einer für seine Verhältnisse scharfen Rede bei den Bregenzer Festspielen nach.
„Es scheint so, als ob sich manche Dinge in unserem Land nicht in die richtige Richtung entwickeln“, sagte Van der Bellen gleich zu Beginn seiner Rede. In „unserem Land“ würden gerade einige Fenster zerbrochen werden; das müsse aufhören, so der Bundespräsident.
Forthin kritisierte Van der Bellen die Einteilung der Bevölkerung in Kategorien wie „normal-denkende Menschen“ oder „das Volk“. „War Mozart ‚normal‘? Sicher nicht! Derart außergewöhnliche Begabungen sind nicht ‚normal‘“, so Van der Bellen. Auch den Ausdruck „unsere Leute“, den die SPÖ in den vergangenen Wochen bemühte, sieht Van der Bellen kritisch.
Den Anstoß für die das Sommerloch dominierende Normalitäts-Debatte gab Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in einem Kommentar in der Tageszeitung „Der Standard“, in dem sie sich immer wieder an die „normal denkenden“ Menschen wandte. Seitdem wird mitunter heftig debattiert: Im profil-Interview nannte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) eine solche Ausdrucksweise – wie Van der Bellen – „brandgefährlich“. Es gehe in der Demokratie um Mehrheiten, aber auch Minderheiten müssten geschützt werden, so der Vizekanzler. Nun hat sich also auch der Bundespräsident in der Debatte zu Wort gemeldet - und das ungewohnt deutlich.
„Ich fühle mich manchmal wie im Hochwahlkampf. Kein schönes Gefühl,“ führt Van der Bellen weiter aus; wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass Sprache wieder zum Ausgrenzen verwendet werde. An alle im „politischen Stadtviertel“ appelliert er: „Hören Sie auf damit, mehr und mehr Fenster zu zerbrechen.“