Van der Bellen mit scharfer Kritik bei Angelobung Mikl-Leitners
Mit mahnenden Worten hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Freitag die am Vortag wiedergewählte niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angelobt. Er betonte, dass er die Sorgen von Menschen über die neue schwarz-blaue Zusammenarbeit im Bundesland "nachvollziehen" könne. Das Staatsoberhaupt wollte sich diesbezüglich "nicht verschweigen".
Die politischen Geschehnisse der vergangenen Wochen und Monate in Niederösterreich hätten mitunter zu kritischen Reaktionen geführt, die weit über die Grenzen Niederösterreich hinausgingen, so Van der Bellen. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, aus der Zivilgesellschaft, der Politik, die Israelitische Kultusgemeinde (IKG), Künstlerinnen und Künstler, Wählerinnen und Wähler sowie auch Funktionäre der ÖVP würden sich zu Wort melden und Bedenken artikulieren.
Es sei "zur Kenntnis zu nehmen", dass sich Mikl-Leitner zu dieser Zusammenarbeit (mit der FPÖ, Anm.) entschlossen habe, führte der Bundespräsident in seiner Rede aus, die deutlich länger als sonst üblich bei Angelobungen ausfiel. Und es seien gewiss intensive Wissens- und Gewissensüberlegungen dieser Entscheidung vorangegangen.
Angelobung von Niederösterreichs Regierung
Van der Bellen ging schließlich auch auf "Gewissensfragen" ein. Diesbezüglich hielt er fest, dass die Mitgliedschaft in der Europäischen Union für den Frieden und den Wohlstand Österreichs unverzichtbar sei. Wer mit der Idee eines "Öxit" auch nur spiele, "spielt mit unserer Zukunft". Die Mitgliedschaft in der EU dürfe nicht zur Debatte stehen. Weiters erinnerte der Präsident, dass die Grund- und Freiheitsrechte, die Menschen- und die Minderheitenrechte Teil der Bundesverfassung seien.
Der Respekt vor den Institutionen der Demokratie, vor der Bundesverfassung, dem Parlament, vor dem Rechtsstaat, dem Verfassungsgerichtshof und vor der vierten Gewalt im Staat, den Medien, müsse außer Frage stehen. Fakten seien Fakten und nicht beliebig durch "Fake Facts" zu ersetzen, so Van der Bellen weiter. Wissenschaft und Forschung seien die Basis des Wohlstandes und Fortschrittes. Eine "Gewissensfrage" sei auch, dass die Jugend "eine gute Zukunft" habe. Was Kindern schade, "dürfen wir nicht zulassen". Das betreffe insbesondere die Folgen der Klimakrise.
Nicht zuletzt widmete sich das Staatsoberhaupt bei der Angelobung dem Nationalsozialismus, der sich "niemals wiederholen" dürfe. "Nie wieder!" Das gemeinsame "Nie wieder!" verpflichte zu einem genauen und scharfen Blick, "damit wir nie wieder in eine Situation wie in den 20er- und 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts kommen". "Schuldige suchen, Menschen herabwürdigen. Andersdenkende verhöhnen und verspotten. Grenzen dehnen. Das Unsagbare sagbar machen. Immer ein Stückchen mehr. An die niedrigsten Instinkte appellieren", führte Van der Bellen aus. Und viele Menschen in Österreich, aber auch darüber hinaus, würden sehr genau hinsehen, wie sich die niederösterreichische Landesregierung hier verhalte. "Ob nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt wird."
"All das, was Sie gesagt haben, nehme ich auf alle Fälle ernst"
Die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher würden von der Landeshauptfrau erwarten, genau hinzusehen und alles zu tun, um antidemokratische und die Würde des Menschen verletzende, autoritäre Tendenzen rechtzeitig zu stoppen, so Van der Bellen. Er betonte freilich auch, dass er Mikl-Leitner in den vergangenen Jahren als kompetente und integre Persönlichkeit kennengelernt habe.
Die Landeschefin fügte ihren Gelöbnis mit Handschlag und Unterschrift wie schon zuletzt "so wahr mir Gott helfe" hinzu. "All das, was Sie gesagt haben, nehme ich auf alle Fälle ernst", richtete sie zudem an Van der Bellen.
Mikl-Leitner war zu ihrer mittlerweile dritten Angelobung nach 2017 und 2018 u.a. in Begleitung ihres Ehemannes Andreas in der Hofburg erschienen. Nach Wien gekommen waren zudem Landesamtsdirektor Werner Trock, ÖVP-Klubobmann Jochen Danninger und sein Vorgänger Klaus Schneeberger sowie der Landesgeschäftsführer der Volkspartei NÖ, Bernhard Ebner.