Van der Bellen seit einem Jahr Bundespräsident

Vom Ausscheiden seiner ehemaligen Partei aus dem Nationalrat bis zur Angelobung der schwarz-blauen Regierung: Van der Bellen blieb in seiner Vermittlerrolle.

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Alexander Van der Bellen ist seit einem Jahr Bundespräsident, kommenden Freitag (26. Jänner) jährt sich erstmals seine Angelobung. Recht traditionell ist der frühere Grünen-Chef seither bemüht, in der Rolle des überparteilichen Vermittlers und Mahners zu glänzen. Ende Dezember gelobte er eine schwarz-blaue Bundesregierung an und wirkte dabei weniger unglücklich, als so mancher erwartet hatte.

Van der Bellen blieb damit seinem schon am Wahltag ausgegebenen Motto treu, "unser" Bundespräsident sein zu wollen. Weniger streiten, mehr zuhören lautete die Botschaft, die er nach dem Feststehen seines (international als Entscheidung gegen den Rechtspopulismus interpretierten) Sieges verkündete. Er wolle - "eh klar" - ein Bundespräsident für alle in Österreich lebenden Menschen sein, sagte er bei seiner Angelobung im Parlament.

Eine FPÖ-geführte Bundesregierung ins Amt zu heben, hatte Van der Bellen im September 2015 noch mit den Worten "ich täte es nicht" ausgeschlossen. Nach dem Sieg der ÖVP bei der Wahl am 15. Oktober (und dem Debakel der Grünen, denen er einst als Bundessprecher vorstand) diagnostizierte er dann - wie er heute sagt - einen "Wunsch nach Veränderung" in der Bevölkerung und stellte einer schwarz-blauen Koalition wenig entgegen. Die Angelobung des Kabinetts mit Sebastian Kurz (ÖVP) als Kanzler und der FPÖ unter Heinz-Christian Strache als Juniorpartner absolvierte er mit freundlicher Miene, was bei seinen Unterstützern durchaus auf Unmut stieß.

Der Bundespräsident kann nix anschaffen, aber er hat sehr wohl Einfluss

Seinen Einfluss machte Van der Bellen bei den Regierungsverhandlungen aber sehr wohl geltend, wie er im APA-Gespräch betonte: Etwa beim Bekenntnis zu Europa und den Grund- und Freiheitsrechte, bei der Besetzung des Außenministeriums, oder bei der Gewaltenteilung zwischen Innen- und Justizministerium. Während der Verhandlungen war auch durchgesichert, dass er einige FPÖ-Personalia blockiert hatte. "Der Bundespräsident kann nix anschaffen, aber er hat sehr wohl Einfluss dadurch, dass er nicht jeden Vorschlag des Bundeskanzlers oder der Bundesregierung akzeptieren muss", zog er Bilanz.

BP Alexander Van der Bellen, BK Sebastian Kurz und VK Heinz-Christian Strache im Rahmen der Angelobung der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung in der Präsidentschaftskanzlei in Wien.

Für seine Rolle im Hintergrund musste Van der Bellen in seinem ersten Jahr noch üben, war der offene Diskurs für ihn als Uni-Professor doch jahrelang eine Selbstverständlichkeit. Seine Zurückhaltung vergaß Van der Bellen oft in öffentlichen Diskussionsveranstaltungen: Etwa bei seinem Sager zum solidarischen Kopftuchtragen, seinem Achselzucken gegenüber dem Burschenschafter-Akademikerball("Was geht es mich an? Lasst sie doch") oder dem Ausplaudern seiner Reisepläne (natürlich zur EU) gleich am ersten Arbeitstag als Bundespräsident.

Eine Einmischung in die Tagespolitik verkniff sich Van der Bellen so gut er konnte, setzte aber dennoch Botschaften ab, die auch verstanden werden konnten. Als etwa Kurz (noch als Außenminister) im Frühjahr 2017 vom "NGO-Wahnsinn" bei der Flüchtlingshilfe im Mittelmeer sprach, lud der Bundespräsident Repräsentanten von Hilfsorganisationen demonstrativ zu sich und lobte ihre Arbeit.

Auch als der neue FPÖ-Innenminister Herbert Kickl bekannt gab, Flüchtlinge "konzentriert an einem Ort" unterbringen zu wollen, meldete sich Van der Bellen zu Wort. "Bewusst oder unbedacht gewählte Formulierungen, die als Anspielungen auf die dunkelste Zeit unseres Landes verstanden werden können, dürfen im politischen Diskurs keinen Platz haben", ließ er wissen und plädierte für einen ""verantwortungsvollen Umgang mit der Sprache".

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