Verein von Impfgegner Rutter erhält Förderung vom Land Niederösterreich
Wer gesundheitliche Probleme hat, sollte lieber nicht auf die Expertise von Impfgegner Martin Rutter setzen. Die Empfehlungen, die der Organisator der großen Coronademos mit seinen 26.000 Abonnenten auf Telegram teilt, schwanken zwischen seltsam und gemeingefährlich.
„Einfaches Mittel für Aluminium-Ausleitung: Tauchen Sie Ihre Füße einmal pro Woche in Essig und sehen Sie, wie Ihre Krankheiten verschwinden“ – das ist noch eine der harmloseren Nachrichten im Rutter-Kanal. Weitaus problematischer: Patienten mit Autoimmunkrankheiten empfiehlt Rutter „Ananas, Gurke, Kokusnusswasser“, jenen mit Krebs „Traube“ und „Äpfel“.
Neben medizinischem Nonsens teilt Rutter freilich auch allerlei Verschwörungsmythen – er warnt etwa vor einer angeblichen Weltregierung mit der Weltgesundheitsorganisation WHO an der Spitze und prangert die üblichen Feindbilder – von EU bis George Soros – an.
Förderung für Rutters Verein bestätigt
Umso erstaunlicher ist, dass Rutters Aktivitäten nun auch mit Steuergeldern gefördert werden, konkret aus dem umstrittenen niederösterreichischen „Hilfsfonds für Corona-Folgen“. Der 30-Millionen-Euro schwere Fonds war eine Bedingung der FPÖ für die Koalition mit der ÖVP, die im März des Vorjahres in St. Pölten besiegelt wurde.
Aus dem Topf sollen nicht nur Coronastrafen und Arztrechnungen zurückerstattet werden, sondern laut Förderrichtlinien auch Vereine subventioniert werden, die „sich für die Belange jener Menschen einsetzen, die Schäden oder Beeinträchtigungen durch COVID-19-Impfungen oder COVID-19-Erkrankungen aufweisen“.
Zuständig für den niederösterreichischen Corona-Fonds ist FPÖ-Landesrat Christoph Luisser. Sein Pressesprecher, der frühere Team Stronach-Nationalrat Robert Lugar, erklärt auf profil-Anfrage: „Ja, dieser Verein hat über den Coronafonds mehrere Förderanträge gestellt. Einige wurden mittlerweile genehmigt.“
Welche Projekte lässt sich der „Verein für Impfopfer“ des Verschwörungsgläubigen vom Land fördern?
Rutter plant Veranstaltungsreihe
Laut profil-Informationen plant Rutter eine Vortragsreihe in allen niederösterreichischen Bezirken – eine entsprechende Einladung findet sich auf der Webseite des Vereins. Dort heißt es: „Wir helfen bei Impfschäden und Long-Covid!“ Potenzielle Teilnehmer dürfen sich kostenlose Getränke und Vorträge von einem „Impfschäden-erfahrenen Arzt“ und einem „engagierten Rechtsanwalt“ erwarten. Um welche Personen es sich handelt, geht aus dem Einladungstext nicht hervor. Der Verein will bei den Events in Niederösterreich auch dabei helfen, den Förderantrag für den „großen Covid-Hilfsfonds“ auszufüllen. Rutters Verein war für profil telefonisch nicht erreichbar.
Auf dem Einladungsflyer prangt dann auch das blau-gelbe Logo des offiziellen Niederösterreichs, Beisatz: „Unsere Veranstaltung wird vom Land Niederösterreich unterstützt.“ Der nächste Vortrag ist am 5. Mai in der Gemeinde Leobendorf (Bezirk Korneuburg) geplant.
Alles regelkonform?
Luissers Pressesprecher Lugar stört sich nicht an Rutters Extrempositionen: Es gehe nicht darum, wer an der Spitze des Vereins stehe, es gehe ausschließlich darum, ob die Förderkriterien erfüllt werden. Und laut Lugar ist das so: „Es ist alles regelkonform, im Sinne der Richtlinien. Der Verein reicht ein Projekt ein, bekommt die Zusage, führt das Projekt durch und reicht die Rechnungen ein.“ Bisher sei aber noch nichts ausgezahlt worden, die Vortragsreihe wurden offenbar noch nicht abgerechnet. Ein Treffen zwischen Luisser und Rutter habe es laut Lugars Wissen nicht gegeben.
Ob wirklich alles regelkonform ist, wird sich erst zeigen: Rutters Verein hat seinen Sitz in Klagenfurt. In den Förderrichtlinien für den Coronafonds heißt es allerdings: „Antragsteller muss ein Verein mit Sitz in Niederösterreich sein.“ Ob Rutters Verein eine Zweigniederlassung in Niederösterreich hat, ist für profil nicht nachvollziehbar.
Fest steht: Rutter ist politisch wandelbar. Seine politische Karriere begann er bei den Grünen, wechselte dann zum BZÖ Kärnten, saß für das Team Stronach im Kärntner Landtag und sympathisiert jetzt immer öfter mit dem FPÖ-Kurs von Herbert Kickl.
Bei der Pressestelle des Landes Niederösterreich wollte man die Förderung nicht kommentieren – und verwies auf die Zuständigkeit des FPÖ-Landesrats.
Ergänzung am 25. April: Rutter hat in Niederösterreich zumindest 24 beinahe gleichnnamige Vereine für Impfopfer angemeldet, die sich nur durch den Namen des jeweiliges Bezirks unterschieden. Diese Vereine scheinen auf den Einladungsflyern und auf der Impfopfer-Webseite allerdings nicht auf. Einige dieser niederösterreichischen Impfopfer-Vereine dürften beim Land um Förderung angesucht haben, aber nicht der Verein Rutters, der seinen Sitz in Klagenfurt hat. Das Formalkriterium (Sitz in Niederösterreich) war somit erfüllt.