VfGH zweifelt an Unabhängigkeit der türkis-blauen Asyl-Rechtsberatung
Die Geburt der BBU (Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen) stand unter keinem guten Stern. Heftige Kritik begleitete das türkis-blaue Vorzeigeprojekt mit dem sich der Innenminister - damals Herbert Kickl (FPÖ) - eine weitgehende Kontrolle über das Asylverfahren sicherte, von Anfang an. Die einst an NGOs ausgelagerte Rechtsberatung für Asylwerber kam unter die Kontrolle des Innenministeriums, denn die BBU steht zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes. Nicht nur das: Das Innenministerium bestimmt auch sechs von zwölf Mitglieder des Aufsichtsrates.
Wofür ist die BBU zuständig?
Die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen ist seit Anfang 2021 sowohl für die Grundversorgung von Asylwerbern als auch für die Rechtsberatung zuständig. Das Problem: Die erste Instanz im Asylverfahren, das BFA (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) untersteht dem Innenministerium. Sie erlässt Bescheide. Für die juristische Beratung zu diesen Bescheiden und dagegen eingelegte Rechtsmittel ist die BBU zuständig. Auch sie steht unter dem Einfluss des Innenministeriums.
Dass damit eine unabhängige Rechtsberatung nicht abgesichert ist, haben Asylanwälte und NGO-Vertreter stets angeprangert. Dieser strukturelle Missstand wurde etwas abgemildert, indem der Leiter der Rechtsberatung von der Justizministerin bestellt wird. Nicht genug, meinten Kritiker.
Höchstrichter greifen Zweifel auf
Nun hat der Verfassungsgerichtshof diese Zweifel aufgegriffen. Laut einem kürzlich veröffentlichten Prüfungsbeschluss werden lange bekannte Mängel aufgelistet und sollen nun von Amts wegen geprüft werden. Das ist ein starkes Signal. Derartige Prüfverfahren werden nicht leichtfertig gestartet.
"Wenn das Innenministerium, das im Aufsichtsrat die Mehrheit hat, dort eine willfährige Person installiert, ist die Unabhängigkeit verloren. Das darf nicht sein."
Lukas Gahleitner-Gertz (asylkoordination)
Für Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher des Vereins "asylkoordination" und einen der lautesten Kritiker der BBU-Rechtsberatung, hängt sie noch viel zu sehr an einzelnen handelnden Personen: "Derzeit gibt es einen BBU-Chef, der die Unabhängigkeit der Rechtsberatung hochhält. Aber wenn das Innenministerium, das im Aufsichtsrat die Mehrheit hat, dort eine willfährige Person installiert, ist die Unabhängigkeit verloren. Das darf nicht sein."
Noch steht das Ergebnis des Prüfverfahrens aus. Doch der VfGH denkt offenbar ähnlich.