BZÖ-Wahlbroschüre: Schuldsprüche für alle vier Angeklagten
Mit Schuldsprüchen gegen alle vier Angeklagten ist am Donnerstag am Landesgericht Klagenfurt der Untreue-Prozess um die BZÖ-Wahlbroschüre aus 2009 zu Ende gegangen. Altlandeshauptmann Gerhard Dörfler wurde auch wegen versuchter Vorteilsnahme verurteilt. Es gab Geld- und bedingte Haftstrafen, die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Dörfler wurde vom Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Christian Liebhauser-Karl zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 50 Euro sowie zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt, sein Anwalt meldete umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Uwe Scheuch erhielt eine Zusatz-Geldstrafe von 220 Tagessätzen a 100 Euro, er erbat Bedenkzeit. Harald Dobernig wurde zu vier Monaten bedingt als Zusatzstrafe zu seinem Birnbacher-Urteil verurteilt, Petzner erhielt zehn Monate bedingt, beide nahmen die Strafe an.
Liebhauser-Karl meinte in seiner Urteilsbegründung, die entscheidende Frage sei jene der Glaubwürdigkeit gewesen, und dabei hätten die Angeklagten einen denkbar schlechten Start gehabt. Er bezog sich auf die von allen außer Petzner bis zum Prozess aufrechterhaltenen Behauptung, es sei von Anfang an vereinbart gewesen, dass das BZÖ die Rechnungen für die Broschüre bezahlen würde.
Der Richter erklärte, die Angeklagten hätten gar nichts über die Art der Gestaltung der Broschüre wissen müssen. Für den Tatbestand der Untreue sei entscheidend: "Die Frage ist nur, habe ich gewusst dass öffentliches Geld dafür verwendet wird und habe ich gewusst, dass es eine Werbemaßnahme für die Partei ist." Es sei damals Wahlkampf gewesen, und für den Schöffensenat sei es undenkbar, dass die beiden Hauptprotagonisten nicht in Kenntnis einer so wesentlichen Werbemaßnahme gewesen seien. An Dörfler gerichtet meinte Liebhauser: "Sie haben gesagt, dass Sie wussten, dass es eine Landesbroschüre war. Bei allem Respekt Herr Dörfler, es ist nicht nachvollziehbar, dass 90 Prozent der Kärntner die Broschüre Jahre später als BZÖ-Werbung erkennen und Sie als Spitzenrepräsentant das damals nicht erkannt haben."
Die Untreue-Schuldsprüche erfolgten Bezug nehmend auf die "Benutzung" der Landesimmobiliengesellschaft für die Erstellung der Werbebroschüre. Zu den Zahlungen von je 5.000 Euro aus den Referaten Dörflers und Scheuchs als Finanzierungsbeitrag sprach der Schöffensenat die beiden frei. Dass laut Gutachten auch ein Werbewert für das Land vorliegt, wurde zugunsten der beiden ausgelegt.
Als Bumerang für Scheuch erwies sich aus Sicht des Schöffensenats hingegen die Ladung seines Bruders Kurt Scheuch, den Liebhauser-Karl als Argument für die mangelnde Glaubwürdigkeit der Angeklagten heranzog: "Der Zeuge Kurt Scheuch hat Ihnen allen widersprochen, er hat im Gegensatz zu Ihnen bestätigt, dass im sogenannten Kleinen Präsidium über die Umgestaltung der Broschüre gesprochen worden ist, was Sie mehrfach bestritten haben." Aus allen Argumenten sei dem Schöffensenat gar keine andere Möglichkeit geblieben, als festzustellen, dass die Angeklagten dem Grunde nach gewusst haben, dass die Broschüre auf Landeskosten gemacht und ein Werbemittel für das BZÖ gewesen sei.
Zur Strafbemessung wies der Richter darauf hin, dass es zum Tatzeitpunkt noch einen Strafrahmen von ein bis zehn Jahren gegeben habe, dieser sei inzwischen auf null bis drei Jahre reduziert worden. "Es ist ehernes Gesetz, dass die für den Angeklagten günstigste Variante anzuwenden ist, daher war das niedrigere Strafmaß anzuwenden", betonte Liebhauser-Karl. Als mildernd wurde bei allen die lange Verfahrensdauer und die Unbescholtenheit angerechnet, für Dobernig und Scheuch gab es ja eine Zusatzstrafe zu vorherigen Verurteilungen.
Bezüglich der Geldstrafen meinte der Richter, es seien primär, wenn die Möglichkeit besteht, Geldstrafen auszusprechen. Und zum Schaden erläuterte er, dass das Entstehen einer Verbindlichkeit für eine Kapitalgesellschaft bereits einen Schaden darstelle. Dass dieser später gutgemacht wurde, sei dabei unerheblich. Den Privatbeteiligtenanspruch der LIG wiesen alle vier Verurteilten zurück, diese forderte ja 203.000 Euro zurück. Diesbezüglich werden die Zivilgerichte zu bemühen sein.
Für Dörfler ist das Verfahren - abgesehen von Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung - insofern nicht beendet, als die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aus dem Strafverfahren heraus die Anklage auf Untreue im Zusammenhang mit Straßenbau-Vergaben ausgeweitet hat. Hier wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, untersucht werden soll die gesamte Amtszeit Dörflers von 2001 bis 2013.