Vorfälle in Öffis: Gibt es in Bus und Bahn ein Rassismus-Problem?
„Elendiges Gfrast – soll sich der nächste Busfahrer darüber freuen“ – mit diesen Worten soll ein Busfahrer des ÖBB-Schienenersatzverkehrs zwischen dem oberösterreichischen Attnang-Puchheim und Bad Ischl eine achtköpfige Familie aus dem Fahrzeug hinausgeworfen haben. Mitbekommen hat das der 30-jährige Sebastian F., der Anfang August über das Wochenende von Wien nach Gmunden gereist ist und profil von dem Fall berichtete.
Bei der betroffenen Familie soll es sich laut Sebastian um Tourist:innen aus Indien oder Pakistan gehandelt haben: „Sie haben kein Deutsch verstanden und antworteten dem Busfahrer verwirrt auf Englisch“, berichtet er profil. Der Autobus wäre nur zu einem Viertel besetzt, Tickets hätte der Busfahrer bei keiner anderen Person kontrolliert. „Ich habe versucht, den Grund dafür zu finden, weshalb der Mann die Menschen aus dem Bus geschmissen hat. Mir fiel nichts ein – außer Rassismus.“
Ebendiese Vermutung von Sebastian wurde bestätigt, als er die Beschimpfung des Fahrers hörte. Er sprach den Busfahrer auf sein Verhalten an und meldete den Vorfall zunächst bei einer Polizeistation in Gmunden - erfolglos. „Die Polizei konnte nichts machen. Die betroffene Familie hätte den Busfahrer zivilrechtlich anzeigen können, mehr wäre in dem Fall nicht möglich gewesen“, so Sebastian.
Daher schilderte er die Situation dem Kundenservice der ÖBB via Mail. Die Beschwerde-Mail wurde nach einer Woche beantwortet. Man entschuldigte sich für den Vorfall und versicherte Sebastian, dass so etwas nicht wieder passieren würde. Welche Konsequenzen dem Busfahrer drohen, wurde jedoch nicht erwähnt.
Kein Einzelfall
Nur wenige Tage zuvor wurde die österreichische Autorin Amani Abuzahra Opfer einer rassistischen Attacke im Postbus. Abuzahra war auf dem Weg zu einer Lesung ihres neuen Buchs „Ein Ort namens Wut“ und fuhr dafür nach Lunz am See.
Als sie mit ihrem Kaffee in der Hand in Niederösterreich in einen Postbus steigen wollte, wurde sie von dem Fahrer mit den abwertenden Worten „Du draußen trinken Kaffee“ nicht hineingelassen. „Der Fahrer nahm an, dass ich, weil ich ein Kopftuch trage, kein Deutsch spreche“, schrieb die Autorin in ihrem Instagram-Posting, das sie nach dem Vorfall veröffentlichte.
Der mediale Aufschrei, nachdem Abuzahra den rassistischen Vorfall publik machte, war groß. Man berichtete auch in Deutschland darüber. Abuzahra traf wenig später die Postbus Vorständin Silvia Kaupa-Götzl und die ÖBB Diversitätsbeauftragte Traude Kogoj, die sich bei ihr entschuldigen. Es wurde versprochen, dem intern nachzugehen und die Angestellten gegen Rassismus zu sensibilisieren.
Wie ernst nehmen die Österreichischen Bundesbahnen eben diese Sensibilisierungsarbeit? Auf eine profil-Anfrage antwortete die Pressestelle, man werde auch nach dem Vorfall im Schienenersatzverkehr dafür sorgen, dass sich dieser Vorfall nicht wiederholt und entschuldigt sich für den Zwischenfall. „Unsere Mitarbeiter:innen werden angehalten, Pflichten und Rechte aller Fahrgäste zu wahren. Wir werden darauf achten, dass ein Verhalten wie von Ihnen beschrieben nicht vorkommen wird“, heißt es seitens der ÖBB-Pressestelle.
Öffentlich sensibilisieren
Ob das jedoch reicht? „Das kommt natürlich darauf an, wie sie intern weitermachen“, findet Sebastian. Welche Konsequenzen Angestellten bei solchen Vorfällen drohen, oder wie man die Sensibilisierungsarbeit seitens ÖBB angehen möchte, ist weder im Fall Abuzahra, noch nach dem rassistischen Vorfall im Schienenersatzverkehr, klar.
Die Beratungsstelle gegen Rassismus, ZARA, erhält eigenen Angaben nach regelmäßig Meldungen von rassistischen Vorfällen in öffentlichen Verkehrsmitteln. „Vorfälle von Rassismus im öffentlichen Raum sind meist Teil ihres Alltags, weshalb das meist – wenn nichts „außergewöhnliches“ zusätzlich passiert – gar nicht gemeldet wird“, berichtet Geschäftsführerin Caroline Kerschbaumer.
Doch was kann man tun, wenn man wie Sebastian einen rassistischen Vorfall in der Öffentlichkeit beobachtet? Auf jeden Fall einschreiten - egal, ob man den/die Betroffene:n, den/die Täter:in anspricht. „Manchmal reicht es, einfach hinzuschauen”, meint Kerschbaumer. Wichtig ist, schreibt Abuzahra auf ihrem Instagram-Kanal: Missstände aufzuzeigen, damit sie sensibilisiert und nachhaltig gelöst werden können.