Warum Wiens SPÖ-Stadtrat Peter Hanke nur ein halber Magister ist
Plagiatsjäger Stefan Weber war wieder auf der Pirsch. Es gibt kaum eine hochrangige Persönlichkeit in Österreich, deren akademisches Wirken nicht einmal unter die Lupe genommen worden wäre. Freilich tut Weber das gegen Geld – und das kommt in vielen Fällen von Konkurrenten und Personen, die hoffen, dass Weber etwas findet, das die Zielperson blöd dastehen lässt. Weber ist akribisch und findet eigentlich immer etwas. Manchmal behält er am Ende des Tages recht – aber nicht selten stellten sich die angeblichen Plagiate bei genauerer Prüfung als doch in Ordnung heraus. Die Grüne Justizministerin Alma Zadic durfte ihren Doktortitel darum ebenso behalten wie Staatsopern-Direktor Bogdan Roscic. Ex-SPÖ-Kanzleramtsminister Thomas Drozda ist auch noch immer Magister.
Diesmal war Webers Ziel der Wiener SPÖ-Finanzstadtrat Peter Hanke und dessen Diplomarbeit. Unter dem Titel „Akademischer Betrugsvorwurf gegen den Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke“ veröffentlichte Weber am Wochenende einen Blog-Beitrag, der sich der angeblichen Nichtexistenz von Hankes Diplomarbeit widmete.
Und tatsächlich ist einiges seltsam: Zu Hanke finden sich mehrere Einträge, dass er an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien) studiert habe. Auf dem Portal „club-carriere.com“ steht zum Punkt „Publikationen“ Folgendes: „Güterverteilungszentrum Gare du Nord am Standort Wiener Hafen. Diplomarbeit am Institut für Logistik, Professor Dr. Faller.“ profil hat im Archiv zu Aussendungen aus Hankes Büro nachgeforscht, dort ist mehrfach von „Mag. Peter Hanke“ zu lesen. Eigenartigerweise findet sich Hankes Diplomarbeit aber nicht im Katalog der Universität Wien oder der Nationalbibliothek, es besteht aber Veröffentlichungspflicht. Weber kann nicht aufklären, was da los ist.
Faktencheck
profil schon, weil uns Fakten wichtiger sind als Behauptungen und Mutmaßungen. Wir haben einfach nachgefragt – und herausgefunden: Hanke ist quasi ein halber Magister. Aus seinem Büro heißt es: „Herr Hanke hat an der Wirtschaftsuniversität Wien Betriebswirtschaft studiert und in diesem Rahmen 1992 eine Diplomarbeit mit dem Titel ,Citynähe und wasserseitiger Anschluss als Attraktivitätsfaktoren eines Güterverteilszentrums in Wien‘ eingereicht. Diese wurde zwar positiv benotet, Herr Hanke hat sie jedoch nie verteidigt, da er zu diesem Zeitpunkt bereits stark auf seine berufliche Karriere fokussiert war. Da das Studium somit nicht abgeschlossen wurde, wurde die Diplomarbeit auch nicht in das entsprechende Verzeichnis aufgenommen und blieb somit unveröffentlicht.
Herr Hanke hat folglich keinen akademischen Titel. Weder hat er selbst jemals einen solchen geführt, noch hat er darum gebeten, als Magister, Doktor etc. bezeichnet zu werden. Dass Politiker*innen von anderen Personen fälschlicherweise mit akademischen Titeln angesprochen werden, kommt immer wieder vor, stellt jedoch keinen ,akademischen Betrug‘ dar.“
Mit der „Verteidigung der Diplomarbeit“ ist wohl eher die Diplomprüfung gemeint, die man normalerweise neben der schriftlichen Arbeit zu ganz anderen Themenbereichen abliefern muss. „Verteidigen“ muss man in der Regel erst die Doktorarbeit.
Viele Chancen auf Ehrenzeichen
Für Hanke ist das ein bisschen peinlich – überhaupt in den hochdekorierten Kreisen, in denen er normalerweise verkehrt. Denn Österreich ist ein Land, in dem Titel (zur internationalen Belustigung) noch immer immens wichtig sind. Vielleicht trägt Hanke auch darum seinen vom Bundespräsidenten verliehenen Ehrentitel „Kommerzialrat“ gerne vor sich her. Den bekommen Wirtschaftstreibende, für besondere Verdienste.
Hanke hat – auf Nachfrage – nicht vor, seinen Studienabschluss nachzuholen. Das macht aber nichts, denn es gibt im Land der Ehrenzeichenliebhaberei auch ohne Prüfungen noch viele Möglichkeiten auf schöne Titel. Ein goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land kriegt quasi jeder Stadtrat nach seiner politischen Karriere. Wer es bekommt, beschließt der Stadtsenat – und nur selten entgeht das einem Stadtrat a. D., denn die Verleihung „gehört sich so“. Wenn Hanke Glück hat, schlägt ihn auch jemand für einen Ehrenprofessor vor – und wenn das auch noch nicht reicht, könnte er sich bemühen, Honorarkonsul zu werden.
Uns ist eigentlich nur ein Titel wichtig - und wir hoffen, Ihnen liegt auch daran: das profil.
Herzlich,
Mag. Anna Thalhammer