Sonja Wehsely verlässt Politik, wechselt nach Deutschland
Wehsely hatte in den vergangenen Jahren gleich mehrere Krisenthemen zu bewältigen: So rebellierten die Ärzte gegen die neue Arbeitszeit- und Gehaltsregelung in den Spitälern und organisierten im September einen Warnstreik. In den vergangenen Monaten beschäftigte die Stadträtin vor allem die Debatte um die Mindestsicherung. Weil die Bund-Länder-Vereinbarung Ende des Jahres auslief, wurde um eine neue Lösung gerungen. Die Verhandlungen zu einer bundesweit einheitlichen Reform scheiterten jedoch. Wien steht wegen der hohen Zahl an Mindestsicherungsbeziehern besonders unter Druck, im vergangenen Jahr musste das Budget um 130 Mio. aufgestockt werden. Die von Wehsely angedachte Wartefrist für Asylwerber wurde sowohl vom Grünen Koalitionspartner als auch von Teilen der SPÖ abgelehnt.
Die letzten 20 Jahre meines Lebens waren hervorragend.
Seit Monaten ist Wehsely inzwischen Zielscheibe der Kritik: Einerseits schoss sich die Opposition wegen des Kostenanstiegs beim Krankenhaus Nord, des angeblichen Kontrollversagens bei sogenannten islamischen Kindergärten und des finanziellen Mehrbedarfs in Sachen Mindestsicherung auf Wehsely ein. Aber auch parteiintern wurde die Stadträtin, die als eine der Führungsfiguren des linken Parteilagers gilt, zuletzt immer wieder kritisiert - vor allem von Genossen aus den Flächenbezirken.
"Die letzten 20 Jahre meines Lebens waren hervorragend. Dass ich sage, ich möchte keinen Tag missen, wäre ein bisschen geschwindelt. Aber im Grunde war es schon so, dass ich in 99 von 100 Tagen gern in der Früh ins Rathaus gekommen bin", beteuerte Wehsely. Auch mit ihrer Bilanz als Stadträtin zeigte sie sich zufrieden: "Ich freue mich darüber, dass diese zehn Jahre sehr rund waren."
Ich habe vollstes Verständnis für ihre Entscheidung. (Bürgermeister Michael Häupl)
Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat sich am Freitag bei der scheidenden Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely bedankt und betont: "Ich habe vollstes Verständnis für ihre Entscheidung, nach 13 Jahren in der Wiener Stadtpolitik neue Herausforderungen in der Privatwirtschaft anzunehmen", sagte der Bürgermeister.
In den Wiener Oppositionsreihen hat der Abgang von Wehsely für Jubel gesorgt. Die FPÖ sieht einen "ersten Schritt in die richtige Richtung", die ÖVP gar einen "Glückstag". Der grüne Koalitionspartner hofft indes auf eine rasche Nachfolgeregelung.