Wettbewerbsvorteil Leberkäse: Messebesuch mit Van der Bellen
Der Bundespräsident würde so gern Viecher sehen. Doch zu Beginn seines Besuchs bei der Rieder Landwirtschaftsmesse am Donnerstag spielt erst einmal die Stadtkapelle zu Ehren der hohen Gäste - Van der Bellen, Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, Landeshauptmann Thomas Stelzer - auf. Als Anerkennung gibt es ein Kuvert vom Landeshauptmann. Wie profil-Recherchen ergeben, beinhaltet ein solches typischerweise 50 Euro. Der Bundespräsident steht mit leeren Händen da, obwohl er 7000 Euro pro Monat mehr verdient als ein Landeshauptmann. Not macht erfinderisch. Als symbolische Geste seines Dankes übergibt Van der Bellen dem Kapellmeister ein Stück Traubenzucker. Elisabeth Köstinger findet das so gelungen, dass sie sich flugs ebenfalls ein Stück Traubenzucker organisiert und an den Kapellmeister weiterreicht. Dessen Tagesabrechnung: ein Kuvert, ein Geldschein, ein paar Milligramm Glucose.
Beherrscht der Bundespräsident alle Landeshymnen?
Bevor Van der Bellen im Keine-Sorgen-Saal, hübsch dekoriert mit Weizenährenbuschen, die Rieder Messe eröffnen darf, sprechen der Messepräsident, der Bürgermeister der Stadt Ried, der Landwirtschaftskammerpräsident, der Landeshauptmann und die Landwirtschaftsministerin. Zwischen jedem Beitrag spielt die Steff´n-Hansl Musi auf. Die Viecher müssen weiter auf den hohen Besuch warten. An der Verzögerung trägt auch der Bundespräsident Schuld, der in seiner Rede zeitintensiv die Schönheit seines heimatlichen Kaunertals, das Leben der Bauern im Kaunertal und die Entwicklung des Tourismus im Kaunertal schildert. Offenbar hat Van der Bellen vergessen, dass er eine Messe in Ried im Innkreis eröffnet und nicht in Landeck im Oberland. Traubenzucker hätte vielleicht geholfen. Zwei Sätze der Rede bleiben im Gedächtnis: „Der Wald ist die Bank des Bauern.“ Und: „Ferd is für mi wie nocht.“ Das ist kaunertalisch und bedeutet laut Van der Bellen: „Letztes Jahr ist für mich wie gestern.“ Die Eröffnungszeremonie endet mit dem Absingen der Landeshymne, dem „Hoamatland“. Der Bundespräsident singt mit. Entweder bewegt er nur seine Lippen, oder er kennt den Text wirklich. Wobei nicht nur das Kaunertalische, sondern auch die oberösterreichische Mundart schwer verständlich sein kann: „dur’i“; „trickert“; „Muaderleib“.
Wo bleiben die Viecher?
Nach der feierlichen Eröffnung beginnt der Rundgang des Trosses der Ehrengäste über das Messegelände. Immer noch keine Viecher. Dafür zeigen Soldaten des in Ried stationierten Panzergrenadierbataillons 13 ihrem Oberbefehlshaber, was sie können. Der weiß das wahrscheinlich schon, ist aber trotzdem begeistert. Danach werden immer noch keine Viecher, aber Landwirtschaftsmaschinen besichtigt. Die Moderation hat Elisabeth Köstinger an sich gerissen, gelernte Bio-Bäuerin aus dem Lavanttal. Landeshauptmann Thomas Stelzer steht diskret im Hintergrund und lässt sich von Heukönigin Leonie I., einer jungen Dame mit Stroh-Krönchen, die Schönheit des Trumer Seenlandes schildern. Das liegt zwar schon im nahen Salzburg, aber die Grenzen sind da fließend.
Dann endlich Viecher. Jungzüchterinnen und Jungzüchter haben in einer Halle mit ihren Kälbern Aufstellung genommen. Elisabeth Köstinger gerät ins Schwärmen: „Von der Genetik her haben unsere Zuchtrinder Weltrang.“ Weiter geht‘s zu anderen Viechern, darunter die Schottischen Hochlandrinder Lucky und Black Yuwel. Vom Bundespräsident gibt es Streicheleinheiten. Seinen Abschluss findet der Rundgang in der Markthalle des Genusslandes Oberösterreich. Der Landeshauptmann und die Landwirtschaftsministerin schneiden einen Stamm Leberkäse an. Es moderiert Agrarlandesrat Max Hiegelsberger: „Leberkäse ist ein USP des Genusslandes Oberösterreich.“ „USP“ stammt aus dem Marketing-Sprech und bedeutet in etwa „ein zu einem Wettbewerbsvorteil verhelfendes Alleinstellungsmerkmal“. Wie man das auf Kaunertalisch sagt, weiß nur der Bundespräsident.