Wien-Wahl 2025

Wie Stadler den rot-blauen „Swing State“ Simmering zurückholen will

Der unkonventionellste FPÖ-Politiker, Paul Stadler, will wieder Bezirkschef werden. Er gibt sich neuerdings grün und kämpft für Hase und Ziesel. Er kann aber auch auf so manche türkische Stimmen hoffen.

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In Simmering läuft ein launiger „Beef“ zwischen SPÖ und FPÖ. Es geht um die Frage, wer in seiner Amtszeit für neue Würstelstände gesorgt hat. Hintergrund: 2015 wurde der heute 68-jährige Paul Stadler in Simmering der erste freiheitliche Bezirkschef in der Geschichte Wiens. 

Der leutselige Mann mit korpulenter Erscheinung kritisierte den zu raschen Wandel auf der Simmeringer Hauptstraße und traf damit einen Nerv. Die 8,4 Kilometer lange Straße durchzieht den Bezirk und ist im Zentrum von Döner-Läden und Barber-Shops geprägt. 

Stadler sprach von „Little Istanbul“ und weckte bei seiner Klientel die Hoffnung auf eine Rückkehr von Käsekrainer & Co. in einem Bezirk mit 110.000 Einwohnern, 35 Prozent davon Ausländer.

Zehn Jahre später gibt es nicht nur türkisches, sondern auch syrisches Kebab („Schawarma“), aber keine neuen Käsekrainer. 

Dafür kann Thomas Steinhart, der den Bezirk bei der Landtagswahl 2020 für die SPÖ zurückholte, auf einen neuen Würstelstand verweisen. 

Der liegt zwar nicht auf der Simmeringer Hauptstraße, sondern beim 3. Tor des Zentralfriedhofs. Und neu ist nur der Pächter, nicht der Stand, wie Stadler anmerkt. Aber dennoch: Punkt für die SPÖ.

Wie der Kebab zu Stadler kam

In Simmering, dem 11. Wiener Gemeindebezirk, geht es zwischen FPÖ und SPÖ seit Jahren um die Wurst. Der Bezirk ist der rot-blaue „Swing State“ schlechthin und politisch de facto geteilt. 

Die zentrumsnahen, urbaneren „Nordstaaten“ des Bezirks wählen mehrheitlich rot, die dörflicher geprägten „Südstaaten“ Richtung Niederösterreich blau. Für die restlichen Parteien ist im historischen Arbeiterbezirk wenig zu holen. Ansonsten spielt sich das rot-blaue Match mittlerweile auf den vielen grünen Wiesen des Bezirks ab.

Bei der Wien-Wahl Ende April will Stadler den Bezirk für die Freiheitlichen zurückholen. In aktuellen Umfragen liegt die FPÖ in ganz Wien mit knapp über 20 Prozent weit abgeschlagen hinter der SPÖ, die bei rund 40 Prozent hält. 

Nach dem Absturz bei der Wahl 2020 (dank Ibiza-Affäre und Spesen-Affäre) würden sich die Freiheitlichen dennoch mehr als verdoppeln. 

Und auf Bezirksebene sorgte Stadler dank seiner Präsenz, Leutseligkeit und Bekanntheit schon 2020 mit 28 Prozent für einen deutlichen Ausreißer nach oben. 

Er kann sich deswegen von allen FPÖ-Kandidaten in den 23 Bezirken die größten Chancen ausrechnen, einen davon blau einzufärben. 

Überrascht habe ihn, dass türkischstämmige Simmeringer vermehrt signalisieren würden, ihn zu  wählen - aus Ärger über Flüchtlinge aus Syrien oder Afghanistan, schildert Stadler. 

„Einer kam extra aus dem Friseurladen raus, ein anderer hat mir dazu einen Kebab in die Hand gedrückt. Ich habe abgelehnt, aber nur, weil ich seit Monaten abspecke.“ Auch die erste Einladung seiner Beisl-Tour ins türkische Café sei ausgesprochen worden.

Gefragt, ob er wie andere FPÖ-Politiker aktiv auf die türkische Community zu gehe, verneint er. Ihm ist aber bewusst, dass sie einen Unterschied machen könnten. Denn 2015 holte er den Bezirk mit 400 Stimmen Überhang gegenüber der SPÖ.

Clemens Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.