Wien in Zahlen

Was Österreichs Hauptstadt im internationalen Vergleich auszeichnet - und was nicht.

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Der Moloch

1.898.000 Menschen leben in Wien; das sind 21,5 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes. Betrachtet man allerdings den Ballungsraum Wien nach der offiziellen Definition der EU-Behörde Eurostat, so erhöht sich die Einwohnerzahl auf 2.853.903 Personen und damit der Prozentanteil an der österreichischen Bevölkerung auf 32 Prozent. Zum Vergleich: Die Stadt Paris hat - als Hauptstadt eines 66-Millionen-Einwohner-Landes - lediglich 2,2 Millionen Einwohner; das sind nicht einmal 3,5 Prozent der Franzosen. Im Großraum Paris leben 12,1 Millionen beziehungsweise 18 Prozent der Bevölkerung. Auf einen ähnlich hohen Wert wie der Ballungsraum Wien kommen in Europa Lissabon (27 Prozent) und Budapest (29 Prozent) sowie der Großraum Kopenhagen (31 Prozent). Besonders an der Hauptstadt Wien ist außerdem, dass sie fast sechs Mal größer ist als die nächstgrößere Stadt des Landes: Graz. Ähnlich dimensioniert ist die estnische Hauptstadt Tallinn, die nicht ganz fünf Mal so groß ist wie die zweitgrößte Stadt, Tartu. Berlin ist hingegen gerade mal doppelt so groß wie Hamburg. Rom hat gar weniger Einwohner als Mailand.

Mehr Platz!

Wiens Bevölkerungsdichte beträgt 4050 Einwohner pro Quadratkilometer. In Dublin tummeln sich bereits 4810 Leute auf derselben Fläche, in Paris sind es nicht weniger als 20.696 Personen.

Teures Pflaster?

Der Quadratmeterpreis für eine Wohnung beträgt in Wien laut dem Deloitte Property Index 2020 im Schnitt 4868 Euro. Rom ist mit 3259 Euro günstiger, Amsterdam liegt mit 5315 bereits darüber, und in Paris kostet ein Quadratmeter durchschnittlich formidable 12.863 Euro.

 

Die Mietpreise sind im Vergleich mit anderen europäischen Hauptstädten trotz eines deutlichen Anstiegs in den vergangenen Jahren immer noch moderat: 9,9 Euro pro Quadratmeter weist der Deloitte Property Index für Wien aus. In Budapest sind es 11,6 Euro, in Madrid 18,6, in Dublin 25, in Paris 28,3 und in der Stadt Luxemburg gar 30,7 Euro pro Quadratmeter.

Hallo, Nachbar!

Nicht mehr als 54 Kilometer liegen zwischen Wien und Bratislava - eine Rekordnähe zwischen zwei europäischen Hauptstädten. Die Entfernung von Tallinn (Estland) nach Helsinki (Finnland) beträgt immerhin schon 82 Kilometer. Streng genommen kürzer ist die Entfernung zwischen Rom und der Vatikanstadt. Allerdings handelt es sich bei Vatikanstadt nicht um die Hauptstadt eines Staates im konventionellen Sinn, und zweitens ist sie vollständig von Rom umgeben, befindet sich also vielmehr innerhalb Roms als in der Nähe der italienischen Hauptstadt. Direkte Nachbarn sind übrigens Kinshasa und Brazzaville, die Hauptstädte der Demokratischen Republik Kongo und der Republik Kongo; sie werden nur vom Kongo-Fluss getrennt, der an dieser Stelle weniger als fünf Kilometer breit ist.

Erster!

Auch wenn es nur einem eher kleinen Kreis vorbehalten ist, sich auszusuchen, in welcher Weltstadt man sich ansiedelt, sind Rankings hierzulande dennoch erstaunlich beliebt - vermutlich deshalb, weil Wien dabei oft sehr gut abschneidet (und man sich so einen unerschwinglichen Umzug erspart). Der Klassiker ist die jährliche Studie des Beratungsunternehmens Mercer, in der Wien seit 2009 ununterbrochen den ersten Platz hält. Beim Anholt-Ipsos City Brand Index wiederum wurde Wien in diesem Jahr auf den siebten Platz gereiht, schaffte aber in der Kategorie "Best Place" (Klima, Sauberkeit und Attraktivität der Stadt) Platz eins. In der Gesamtwertung siegte London.

Stadtrad

"Wien lässt sich ideal mit dem Rad erkunden", heißt es auf der Website des Wiener Tourismusverbandes. Hier lohnt der Vergleich mit der weltweit führenden Fahrradstadt Kopenhagen. Der Anteil des Radverkehrs am Gesamtaufkommen ist in der dänischen Hauptstadt mit 65 Prozent enorm (Wien: 13 Prozent). Statistisch hat Wien ein größeres Streckennetz an Radwegen (1430 versus 415 Kilometer), was allerdings daran liegt, dass hier alle Radwege mitgezählt werden, auch jene gegen Einbahnen, auf Busspuren, in Wohnstraßen und Fußgängerzonen. Kopenhagen hat deutlich mehr sichere, von der Fahrbahn abgetrennte Wege - 350 Kilometer gegenüber 164 in Wien - und mehrere Fahrradschnellwege. Solche mehrspurigen Rad-Highways, auf denen man schnell und ohne Unterbrechungen vorankommt, gibt es in Wien bislang nicht.

Wien im Grünen

Bewohner der inneren Bezirke Wiens werden es kaum glauben: Wien ist die grünste Stadt Europas - zumindest laut der britischen Agentur Compare the Market. Möglich wird das, weil für die Studie nicht nur Grünflächen ausschlaggebend waren, sondern auch Kategorien wie Wasserqualität, Lebensqualität und der Anteil der Menschen, die nicht mit dem Auto zu ihrem Arbeitsplatz fahren. Im Ranking der US-Agentur Resonance wird Wien sogar als die grünste Stadt der Welt geführt. Zum Sieg verholfen hat hier unter anderem der Nationalpark Donauauen, der mit der Lobau bis in die Stadt hineinreicht. Ein Blick aus der Vogelperspektive zeigt: Das Grün ist sehr ungleich verteilt. Große Parkanlagen und Wälder gibt es hauptsächlich in den Randbezirken. Wer etwa von Ottakring, Rudolfsheim-Fünfhaus oder Meidling bis zum Ring spaziert, wird zwischen grauem Beton und endlosen Häuserschluchten höchstens kleinere Parks finden. Die Bezeichnung "Waldstadt", wie US-Präsident Donald Trump Österreichs Städte beschreibt, trifft es jedenfalls nicht exakt.

Haaaß, Oida!

Fünf Forscher haben 2018 im Wissenschaftsjournal "Urban Climate" eine Studie veröffentlicht, die zeigt, wie stark europäische Städte in naher und fernerer Zukunft von Hitzewellen betroffen sein werden. Das überraschende Ergebnis: Neben südlichen Städten wie Athen und Rom werden nach Berechnungen der Wissenschafter auch Wien, Zürich und Zagreb stark mit den Folgen anhaltend hoher Temperaturen zu kämpfen haben.

 

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur