Landesparteiobmann Dominik Nepp
Wien-Wahl 2025

Wien-Wahl: Warum die FPÖ bei Jungen schwächelt

Einst setzten die Freiheitlichen stark auf Jungwähler:innen, mit Raps und Clubbesuchen. Nun hat Landesparteichef Nepp ausgerechnet in dieser Zielgruppe Probleme, Junge tendieren in der Bundeshauptstadt stark nach links.

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Es ist ein weltweiter Trend, dass junge Erwachsene tendenziell rechter wählen als noch vor einigen Jahren. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen man von der wokenalternativen Gen Z gesprochen hat. Das hat sich auch bei der Nationalratswahl 2024 gezeigt. Da gewann die FPÖ mit 27 Prozent bei den unter 35-Jährigen. Das Ergebnis hat sich somit von dem Gesamtergebnis nur minimal unterschieden: Da erreichte die FPÖ nämlich 28,8 Prozent.

Kickls Wiener Parteifreund Dominik Nepp scheint das allerdings nicht ganz zu gelingen. Laut Umfragen darf die Partei zwar mit satten Zugewinnen und einem Ergebnis jenseits der 20 Prozent rechnen. Doch detaillierte Aufschlüsselungen zu den Wählergruppen (sie liegen profil vor) zeigen, dass nur zehn Prozent der Wahlberechtigten unter 30 Jahren die FPÖ wählen wollen. Der Redaktion wurde dieser Trend von mehreren Instituten bestätigt. Die SPÖ wird aktuell von etwa 40 Prozent der unter 30-Jährigen bevorzugt, die ÖVP von sieben Prozent, die Grünen von zehn Prozent und die Neos von acht. 

Den größten Abstand zwischen Jung und Alt gibt es bei der FPÖ: Bei den 30- bis 49-Jährigen dürften sie an die 20 Prozent erreichen, bei den 50- bis 59-Jährigen gar 27 Prozent.

Vorbei sind die Zeiten des HC-Raps

Bei seinen Wiener Landtagswahlkämpfen 2005, 2010 und 2015 versuchte der damalige Landesparteichef und spätere Vizekanzler Heinz-Christian Strache, junge Wähler:innen mit Rapsongs und Club-Veranstaltungen gezielt anzusprechen. Durchaus mit Erfolg: 2010 erreichte die FPÖ landesweit 25,77 Prozent, bei den unter 30-Jährigen waren es immerhin 23 Prozent. Die Ergebnisse waren also fast deckungsgleich. 2015, fünf Jahre später, erreichten die Freiheitlichen bei den unter 30-Jährigen 24 Prozent, das Gesamtergebnis lag bei 30,79 Prozent.

2019 folgte schließlich der Ibiza-Skandal, Straches Rücktritt und ein Jahr darauf der Absturz der FPÖ bei der Wien-Wahl. Lediglich fünf Prozent der Wähler:innen unter 30 stimmten für die Blauen  in der Gesamtbevölkerung waren es 7,11 Prozent.

Heuer dürfte der Gap zwischen jungen und älteren Wählergruppen noch deutlich größer sein. 

Junge Wähler:innen in Wien stimmen tendenziell für kleinere Parteien, wie KPÖ-Links, die Neos oder die Grünen, die SPÖ bleibt aber auch in dieser Altersgruppe deutlich auf Platz 1. Die ÖVP wird vor allem ältere Wähler:innen bevorzugt: Je älter die Wähler, desto beliebter ist die ÖVP, fasst Eva Zeglovits, Geschäftsführerin des Instituts für empirische Sozialforschung (IFES) zusammen.

„Realität holt die Ausländer-Parolen ein”

Dazu kommt, dass viele Sujets, auf die die FPÖ in ihren Wahlkämpfen zählt, bei jungen Menschen in Wien nicht ziehen. In einer Stadt, wo rund die Hälfte aller Bewohner:innen Migrationshintergrund hat, passen Migrant:innen als Feindbild nicht. Man tut sich hier mit Vorurteilen gegenüber Ausländern schwerer, wenn die eigenen Klassen- oder Arbeitskollegen und Freunde selbst Ausländer sind, so Zeglovits: Die Realität holt die Ausländer-Parolen ein.

Wien ist nicht nur aufgrund seines hohen Anteils an Menschen mit Migrationshintergrund anders, sondern auch wegen seines hohen Anteils an Zugezogenen: Viele Menschen ziehen nach Wien, weil die Stadt etwas bietet, das in ihrer Heimatgemeinde fehlt – etwa eine Ausbildungsstätte oder einen Job. Für sie ist es eine bewusste Entscheidung, in Wien zu leben. Daher neigen sie weniger dazu, Wien-Basher zu sein oder eine Partei zu wählen, die die Stadtregierung schlecht redet", so die Meinungsforscherin.

Niedrige Wahlbeteiligung unter jungen Erwachsenen

Die Wien-Wahlbeteiligung bei Personen in ihren Zwanzigern ist allerdings relativ niedrig, erklärt Zeglovits: In dieser Lebensphase beschäftigen einen als jungen Menschen viele verschiedene Dinge, da geht die Wien-Wahl oft unter. Außerdem leben in Wien viele Zugezogene aus anderen Bundesländern, die sich mit Wiener Gemeindepolitik noch nicht auseinandergesetzt haben.”

Immer weniger Wahlberechtigte

Wäre das Wahlergebnis anders, wenn mehr Wiener:innen stimmberechtigt wären? In Wien haben rund 35 Prozent der über 16-Jährigen keine österreichische Staatsbürgerschaft - eine Steigerung von über zehn Prozentpunkten in den vergangenen zehn Jahren. Wäre das Wahlergebnis der FPÖ noch schlechter, wenn mehr Menschen mit Migrationshintergrund wählen dürften? Eva Zeglovits betont im Gespräch mit profil, dass Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich eine heterogene Gruppe sind und wenig zu ihrem Wahlverhalten offiziell erforscht wurde. 

Für die Wien-Wahl zählt: Zwar dürfen am 27. April auch nichtösterreichische EU-Bürger:innen über die Bezirksvertretung mitentscheiden  sofern sie ihren Hauptwohnsitz in Wien haben. Der Wiener Landtag darf allerdings nur von österreichischen Staatsbürger:innen gewählt werden.

Vergangene Woche fand ein von den Wiener Jugendzentren organisiertes Mediengespräch zur #InitiativeWahlrecht statt, bei der junge Menschen ohne Wahlberechtigung mitdiskutieren konnten. „Ich bin hier geboren, hier zur Schule gegangen und arbeite mittlerweile bei einem Bauunternehmen. Ich leiste meinen Beitrag, wie alle anderen auch. Trotzdem habe ich nicht die gleichen Rechte, weil ich den österreichischen Pass nicht habe, meinte etwa der 19-jährige Daniel, einer der Teilnehmer. 

Die Hürden, einen österreichischen Pass zu bekommen, sind im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hoch und teuer. Außerdem muss man monatlich mindestens 1273,99 Euro verdienen  abzüglich der Fixkosten. Menschen, die noch minderjährig sind, sind zudem vom Einkommen ihrer Eltern abhängig. 

Ein Wahlrecht für Nicht-Staatsbürger ist dennoch unrealistisch. 

Natalia Anders

Natalia Anders

ist seit Juni 2023 Teil des Online-Ressorts und für Social Media zuständig.