Ein frisch zubereiteter vegetarischer Döner Kebab, eingewickelt in Alufolie, zeigt leckeres Gemüse und frischen Salat, das in einem Fladenbrot verpackt ist

Wiener Döner-Skandal: Die Spur des Fleisches

Im Jänner entdecken Lebensmittelinspekteure in einer illegalen Fleischerei in Wien verdorbenes Fleisch, das größtenteils an Dönerläden weiterverkauft wurde. Woher kam die Gammelware? Und wie wollen die Kebapladen-Betreiber ihren Ruf retten?

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Die Laaer-Berg-Straße ist eine der längsten Straßen in Favoriten. Sie beginnt beim Reumannplatz, führt durch den ganzen Bezirk bis zur Stadtgrenze bei Oberlaa. Die Laaer-Berg-Straße ist dicht befahren und hat viele Abzweigungen. Eine Abzweigung führt zu einer ehemaligen Tischlerei, die zu einer illegalen Fleischerei umfunktioniert wurde. Ein Jahr lang stand diese Tischlerei leer, vor einigen Monaten nutzte man das verlassene Lokal schließlich zur unerlaubten Lagerung von Fleisch. Wie genau es drinnen aussah? 

Die Fenster des berüchtigten Lokals sind mit Plakaten und einer Klebefolie zugeklebt, hineinsehen ist überhaupt nicht möglich. Gegenüber der verlassenen Tischlerei befindet sich relativ viel Sperrmüll, der einfach auf der Straße abgestellt wurde. Eigentlich sieht das Lokal von außen so wie jedes andere verlassene Lokal in Wien aus, wenn es nicht eine Sache gäbe, die sofort Eindruck macht: Der heftige metallische Blutgestank. 

Warnung: Es wird jetzt kurz eklig! Es waren Bilder, die in den vergangenen Wochen durch die Medien gegangen sind. Bilder von Müllsäcken auf einem grauen Fliesenboden, in denen blutiges Fleisch zu sehen ist. Bilder von dem grauen Fliesenboden, der durchnässt ist von einer blutigen Flüssigkeit. Bilder von Maschinen, die komplett verdreckt sind. In der verlassenen Fleischerei wurde monatelang illegal Fleisch gelagert und an Dönerlokale weiterverkauft. Drei Schwarzarbeiter sollen für diese Fleischerei gearbeitet haben. Das Fleisch wurde am dreckigen Boden, ungekühlt, bei einer Zimmertemperatur von 19 Grad Celsius gelagert. Um den Auftauprozess von gefrorenem Fleisch zu beschleunigen, wurden Heizkanonen verwendet – alles Dinge, die strikt gegen Hygienevorschriften verstoßen. 

Dönerfleisch aus Großpolen

Woher das Fleisch kommt, ist offiziell nicht bekannt. Auf den Fotos, die die Gruppe Sofortmaßnahmen am 23. Jänner aus der illegalen Fleischerei veröffentlichte, war erkennbar, dass ein Teil des Fleisches in Plastikverpackungen mit der Aufschrift „McKeen Beef“ verpackt war. McKeen-Beef ist laut eigener Website ein deutsches Lebensmittelunternehmen mit Sitz in der Stadt Oelde, die sich zwischen Münster und Bielefeld in Nordrhein-Westfalen befindet; die Schlachtwerke und das Schneidwerk von McKeen Beef stehen in den polnischen Dörfern Lisków und Dobra, die sich in der Nähe der Stadt Kalisz in Großpolen, im Nordwesten des Landes befinden. 

Ob das Fleisch tatsächlich von dem Hersteller und aus Polen kommt, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Die Etiketten sind aber ein Indiz.

Überraschend wäre das Herkunftsland des Fleisches nicht: Laut Alexander Hengl, Mediensprecher vom Wiener Marktamt kommt rund ein Drittel des Fleisches der Dönerstände in Österreich aus dem Inland, ein Drittel aus Deutschland und ein Drittel aus Polen oder der Slowakei. Einen per se schlechten Ruf hat das deutsch-polnische Fleischunternehmen nicht. Auf Google hat das Lebensmittelunternehmen eine Bewertung von fünf Sternen, auf einem deutschen Job-Bewertungsportal bewerten anonyme Mitarbeiter das Unternehmen als „neutral“. 

TikTok-Kampagne für den guten Döner

Bei dem Skandal geht um mehr als die Frage, wie das Fleisch in Favoriten gelagert wurde. Ist Döner, einer der Lieblingssnacks der Wienerinnen und Wiener, gesundheitsgefährdend? Wie können die Betreiber Qualitätsstandards beim Fleisch sicherstellen?

In Wien gibt es circa 300 Dönerlokale, die von Lebensmittelinspektoren regelmäßig aufgesucht werden, erzählt Alexander Hengl, ein Sprecher der Gruppe Sofortmaßnahmen der Stadt Wien bestätigt das. Trotzdem hat der im Jänner aufgedeckte Skandal bei österreichischen Dönerbetreibern dafür gesorgt, dass sie sich um ihre Reputation sorgen. Auf TikTok findet man Videos von Wiener Dönerläden, die die Rechnungen ihrer Fleischeinkäufe in die Kamera halten, um klar zu machen: Unser Fleisch ist anders. Andere Betreiber nehmen TikTok-User:innen gleich mit in die Fleischereien, in denen sie für ihre Kund:innen einkaufen.

Die Leiden der Dönermänner

Doch mit den Social Media Kampagnen ist es nicht getan: Um sich öffentlich nochmals von dem Fleischskandal zu distanzieren, organisierten die Big Bosses der Favoritner Döner-Community (Ferhat Yıldırım, Geschäftsführer von Ferhat Döner, Mehmet Tütüncü, Geschäftsführer von Baba Döner, Volkan Akın, Geschäftsführer vom türkischen Restaurant Damak, sowie Temel Tütüncü, Geschäftsführer der Kent-Restaurants) gemeinsam mit der roten Landtagsabgeordneten Aslıhan Bozatemur vergangenen Freitag eine Pressekonferenz. „Der größte Anteil dieser Gastronominnen und Gastronomen, insbesondere in der türkischen Küche, arbeitet absolut vorbildlich“, betont die SPÖ-Politikerin. „Wer sich nicht an die Spielregeln hält, ärgert uns alle“, stimmt Tütüncü ein.

Ganz so besorgt wie die Big Bosses sind andere Dönerbudenbesitzer aber nicht: „Unser Stand steht seit 25 Jahren, die meisten unserer Gäste sind Stammkunden“, erzählt ein Betreiber aus dem 19. Wiener Bezirk im Gespräch mit profil: „Ich habe von dem Fleischskandal in der Zeitung gelesen. Aber ich weiß, dass mein Fleisch qualitativ hochwertig ist. Das wissen meine Stammkunden auch.“

Immer mehr Luxusdöner

Dass man sich prinzipiell keine Sorgen machen muss, bestätigt auch Hengl: „Allgemein ist das Fleisch qualitativ sehr hochwertig.“ Innerhalb der letzten Jahre ist die Anzahl luxuriöser Dönerlokale in Wien sogar gestiegen. Edel-Dönerrestaurants, wie Ferhat Döner sind mittlerweile an fast jeder Straßenecke in Favoriten zu finden. Ihre Besitzer brüsten sich damit, echte Holzfeuerspieße zu haben, ihr Brot selbst zu backen und sogar ihren Ayran und ihre Joghurtsoße frisch zuzubereiten.

Das ist allerdings keine Garantie dafür, dass jeder Dönerstand, den man besucht, dem Niveau von Ferhat Döner entspricht: „Wenn Sie jetzt bei einer Imbissbude einen Döner um 2,50 Euro kaufen, sollten Sie schon damit rechnen, dass es sich hierbei nicht um hochwertige Qualität handelt“, so Alexander Hengl. 

Im Zweifelsfall bleibt also nur, sich auf das eigene Bauchgefühl zu verlassen.

Natalia Anders

Natalia Anders

ist Teil des Online-Ressorts und für Social Media zuständig.