„X Club”: Zu Besuch im nicht mehr ganz so exklusiven Martin Ho-Lokal
In den „X Club” geht man, um gesehen zu werden. Das war das Motto, als der exklusive Nachtclub nur für Mitglieder mit Schlüssel oder Passwort zugänglich war, das ist auch jetzt so, wo der Club „für alle zugänglich” sein soll. Der Club befindet sich, ziemlich versteckt, in der Wollzeile 19, im 1. Wiener Gemeindebezirk. Von außen deutet nichts darauf hin, dass man sich vor einem der exklusivsten Diskotheken Wiens befindet.
Dass der „X Club” trotz Wiedereröffnung und Öffnung für alle, eine bestimmte Sorte Gäste haben möchte, wird am Eingang deutlich. „Haben Sie einen Schlüssel? Oder hat Sie jemand eingeladen?”, fragt die Dame, die neben dem Türsteher steht. Der „X Club” ist zwar mittlerweile auch für Nicht-Mitglieder zugänglich, trotzdem wird genauestens darauf geachtet, ob man dazu passt. Das heißt: Ob man schick genug aussieht.
Hat man es hinein geschafft, geht es mehrere Treppen nach unten. Ebenen mit Männern in weißen Anzügen, die im gesamten Lokal verteilt stehen, um sicherzugehen, dass niemand unerlaubt Fotos macht oder sich daneben benimmt.
An den grauen Wänden hängen Gemälde von nackten Frauen. Ein leuchtender Banner mit dem Namen des „X Club” erhellt den Gang und weist den Weg zur Tanzfläche. Im „X Club” gelten die klassischen Regeln nicht, die es für andere Gastronomiebetrieben gibt. Eine Welle von Zigarettenrauch strömt von der Tanzfläche, der Bass der 90er Top-Hits verliert sich in den großen Räumen. Die Musikanlage ist eher mittelmäßig und leise für einen Club. Hinter dem DJ-Pult stehen zwei Männer. Sie machen keine Stimmung, unterhalten sich, rauchen und spielen eine Playlist ab. Hier tanzt um 22 Uhr noch niemand. Und das, obwohl Hip Hop-Hits aus den Nullerjahren gespielt werden - von Usher bis zu The Pussy Cat Dolls, alle Klassiker sind dabei.
„Jeder will hier rein”
Die Stimmung ist gemütlich. Gäste unterhalten sich bei Kerzenlicht an runden kleinen Tischen, die mit weißen Tischdecken und Champagnerflaschen geschmückt sind. Prominente Gesichter sind an denen nicht zu sehen. Viele der Gäste sprechen Englisch, Russisch oder andere Sprachen. Zwei russischsprachige Frauen sind hier auch seit Jahren Stammkunden - sie arbeiten als Models und Künstlerinnen, erzählen sie profil.
Setzt man sich auf eines der Designer-Sofas auf der Tanzfläche, muss man mindestens 1000 Euro konsumieren. Bequem ist es im „X Club” nicht. In dieser Szene geht es jedoch nicht um Bequemlichkeit oder Qualität. profil lernt Hamoudi, einen Stammgast der Diskothek kennen. Hamoudi heißt nicht wirklich so, sein Name wurde von der Redaktion geändert. Seit der Eröffnung im Jahr 2016 besucht er regelmäßig den „X Club”. „Die Cocktails sind nicht besonders gut. Früher waren hier schäbige Ikea-Sofas, an Tischen, wo man 1000 Euro Mindestkonsum pro Person hat. Aber es geht um die Exklusivität, dass nicht jeder einfach so reinkommt.“ Der 40-jährige IT-ler findet es außerdem wichtig, dass auch bei der Neueröffnung gilt, dass Mitglieder als erstes reinkommen. Er ist sicher, dass Menschen Schlange stehen werden: „Jeder will hier rein.”
Für Hamoudi scheinen die Preise hier kein Problem zu sein. Hamoudi verdient zwischen 15.000 und 20.000 Euro, sagt er. Er ist hier unter den Gästen einer der „ärmeren”, wie er meint. Beim Closing gab Hamoudi 4000 Euro an einem Abend aus.
Die billigste Weißweinflasche auf der Karte kostet 60 Euro, die teuerste Rotweinflasche 2100 Euro. Unter 10 Euro sind hier keine alkoholischen Getränke zu finden. Auch eine Flasche Wasser kostet 12,90 Euro. Wasser der Luxusmarke Fiji - im Club „X” muss eben alles exklusiv sein. Weniger besonders ist der „Pornstar Martini”, der für seinen hohen Preis eher gewöhnlich schmeckt.
Junge Frauen, reiche Männer, Mykonos
Hamoudi erzählt von seiner Freundin, die in der gemeinsamen Wohnung auf ihn wartet und nicht weiß, dass er gerade im Club ist. Sie wäre sicher sauer, wenn sie wüsste, was er tue. „Ich will nur mit schönen Mädchen reden. Hier sollte keine Frau für ihr Getränk zahlen müssen”, sagt er. Junge Frauen würden hier wohlhabende Männer kennenlernen, die sie dann mit nach Mykonos nehmen. Hamoudi warnt jedoch: „Man muss auf sich aufpassen. In einem Moment sagt dir ein reicher Mann, er liebt dich, im nächsten verlässt er dich für eine andere, jüngere, hübschere.” Im Laufe des Abends greift er selbst immer wieder ungefragt auf Schultern, Hüften von fremden Frauen.
Schwarzer Rolli und Pokerface
Dots Group-Gründer Martin Ho ist an jenem Abend auch anwesend. In seinem schwarzen Rollkragenpullover sitzt er in Gesellschaft an einem Tisch hinten links. Die meiste Zeit schaut Ho mit Pokerface entweder auf sein Handy oder lässt seinen Blick durch den Raum schweifen. Wenn Ho neue Getränke braucht, steht er auf und flüstert einem Mann in Anzug etwas ins Ohr. Später stoßen weitere Freunde Hos zur Gruppe, das ist das erste Mal, dass der 38-Jährige aufsteht, ein aufrichtiges Lächeln zeigt und sie herzlich begrüßt. Jeder Besucherin und jedem Besucher ist klar: Ho ist der „big boss” dieses Ladens.
Martin Ho ist einer der bekanntesten Gastronomen Österreichs - und wohl der berüchtigtste. Anfang Mai diesen Jahres wurde bekannt, dass gegen Martin Ho wegen Verdachts der betrügerischen Krida, also des absichtlichen Herbeiführens einer Zahlungsunfähigkeit, um Gläubigerinnen und Gläubiger zu benachteiligen, ermittelt wird.
Auch wegen vermeintlichen Missbrauchs von Corona-Hilfsgeldern wurde gegen den Unternehmer ermittelt - diese Ermittlungen wurden Anfang 2023 vorläufig eingestellt. Die Arbeiterkammer und die Staatsanwaltschaft Wien prüfen die Angelegenheiten nach wie vor, es gilt die Unschuldsvermutung.
„X Club” bleibt weiterhin bei Ho
Ende August gab Ho bekannt, er werde seine DOTS Gruppe in Wien seinen Partnern übertragen und selbst ins Ausland, konkret nach Dubai expandieren. Der „X Club” gehört der Dots City GmbH. Ho führt zwar nicht die Geschäfte dieses Unternehmens, ist aber über sein Firmennetzwerk der wirtschaftliche Eigentümer dieses Clubs.
Gegen 23 Uhr füllt sich der „X Club” langsam, die Tische, mit Konsumationspflicht von 1000 Euro pro Person, werden auch immer besetzter. Männer in Anzügen und Hemden mit eingestickten Initialen sitzen neben jung aussehenden Frauen in meist knappen, schwarzen Röcken, schwarzen Blazern und weit ausgeschnittenen schwarzen Blusen. Auf den Couchtischen stehen Red Bull-Dosen, neben den Tischen liegen XXL-Vodkaflaschen der Marke „Belvedere” in silbernen Schüsseln. Auch Hamoudi muss sich bald auf den Weg zu seiner Freundin machen: „Sie wird morgen sehr sauer sein, aber man lebt ja nur einmal”.