profil-Morgenpost

Die profil-Welt steht still

Wie eine kleine Meldung die Geschehnisse im Großen zum Stocken bringt.

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Der französische Philosoph Michel de Montaigne, der die Welt von seinem Turm im Südwesten Frankreichs aus vermaß, hat uns daran erinnert, dass alles in Bewegung bleibe, unser kleines Erdenrund munter dahinschaukle. Manchmal allerdings, Monsieur Montaigne, sorgt der schiere Umfang des Katastrophalen für Schrecksekunden und Sekundenstillstand. Es knirscht dann, wie jedermann und -frau weiß, gewaltig im Weltgetriebe, dieser ungeheuerliche Sand feinster Körnung! Man muss sich in solchen Zeiten, mit einem Wort, alle Mühe geben, um nicht aus der Haut zu fahren.

Die kleine profil-Welt stand vergangenen Mittwochnachmittag still, als wir erfahren mussten, dass Sven Gächter, der langjährige Chefredakteur des Magazins, mit nur 60 Jahren dem Krebs erlegen ist. Es sei an dieser Stelle erlaubt, dass die Fassungslosigkeit im Kleinen die Geschehnisse im Großen überragt – wie ganz Großbritannien, ach was, die ganze royal-affine Welt um die Queen trauert, lesen Sie hier. Was der österreichische Außenminister zum Krieg in der Ukraine sagt, hier.

Kolleginnen und Kollegin schreiben über Sven im neuen profil. Eva Linsinger, Ressortleiterin Innenpolitik und stellvertretende Chefredakteurin: „An lauten Egoshootern herrscht im Journalismus kein Mangel, im Gegenteil. Sven gehörte zur raren Spezies der Leisen, Feinfühligen, Zweifelnden.“ Herbert Lackner, ehemaliger Chefredakteur: „Seine Musik war nicht meine, aber wenn er zu hämmernder Elektronik in Manuskripte vertieft und leider unablässig rauchend in seinem Büro saß, war Sven fast ein Gesamtkunstwerk.“ Christian Rainer, Herausgeber und Chefredakteur: „Du hast über Jahrzehnte für einen Grundton der Liebe in der profil-Redaktion gesorgt. Ich will diesen deinen Ton irgendwann außerhalb dieser Welt wieder hören.“ Beate Maisner, Redaktionsmanagement: „Als Sven mir erzählt hat, dass die Ärzte in seinem Körper ,Herde‘ gefunden hatten, war ich am Boden zerstört. Dann war ein bisschen Funkstille, bis er mir geschrieben hat: Wie kann ich dich trösten? Ich finde, das zeigt total, was für ein Mensch er war.“ Im neuen profil stehen noch viel mehr Sätze über Sven.

„Die Scheiße und das Sterben sollten unsichtbar sein“, schreibt die französische Schriftstellerin Annie Ernaux in einem ihrer Bücher. Gut, dass sie uns auch daran erinnert.

Einen bewegten Montag wünscht

Wolfgang Paterno

Wolfgang Paterno

Wolfgang Paterno

ist seit 2005 profil-Redakteur.