Zuwanderung regeln: Der Wählerauftrag für den neuen, alten Bürgermeister
Volksschüler ohne Deutschkenntnisse, Kinder- und Jugendkriminalität, Islam als stärkste Religion in Pflichtschulen, Familiennachzug aus Syrien: Für 31 Prozent der Wienerinnen und Wiener ist Zuwanderung das drängendste Thema für den neuen, alten Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). 2020 betrug dieser Wert 17 Prozent.
Teuerung und steigende Preise, das dominante Thema seit Ausbruch des Ukraine-Krieges 2022, war nur für 14 Prozent wahlentscheidend. Umwelt und Klima spielte, anders als 2020, mit sieben Prozent eine geringe Rolle. Das geht aus einer Wahltagsbefragung des Meinungsforschers Peter Hajek unter 1200 Wahlberechtigten für ATV/Puls24 hervor.
Nach Parteien aufgefächert überrascht, dass Zuwanderung auch für SPÖ-Wähler mit 19 Prozent das Top-Thema war, vor Bildung und Teuerung. Wobei sie ihrer Partei weiterhin noch die größte Lösungskompetenz zuschreiben. Für FPÖ-Wähler gab es fast nur das Thema Zuwanderung (63 Prozent). Aber auch fast jeder zweite ÖVP-Wähler will klare Antworten auf Integrationsprobleme.
Mit diesem Top-Thema verwandt ist das von Hajek abgefragte Sicherheitsgefühl oder besser gesagt, Unsicherheitsgefühl der Wiener. 81 Prozent der Blau-Wähler fühlen sich in der Stadt sehr oder eher unsicher, was angesichts des im Vergleich zu anderen Großstädten noch immer sicheren Wiens bemerkenswert ist. Unter den ÖVP-Wählern ist dieser Wert nur halb so hoch. Unter SPÖ-Wählern fühlen sich nur 18 Prozent unsicher.
Eine Neuauflage einer rot-pinken Stadtregierung geht sich auf Basis der aktuellen Hochrechnungen aus. Die Koalition aus SPÖ und Neos galt nach der letzten Gemeinderatswahl 2020 noch als Experiment. Bei Hajeks Wahltagsbefragung zeigt sich: Für SPÖ-Wähler ist sie mittlerweile die erste Wahl. 44 Prozent wollen daran festhalten.
28 Prozent präferieren eine Allianz aus SPÖ und Grünen, die von 2010 bis 2020 gemeinsam regierten. 19 Prozent würden eine „Große Koalition“ aus SPÖ und ÖVP auf Stadt-Ebene bevorzugen. Auch von den Neos-Wählern wurde der Kurs, weiter mitzuregieren, klar abgesegnet. 86 Prozent sprechen sich für eine Neuauflage der Rot-Pinken Koalition aus.
Angesichts des starken Fokus auf Zuwanderung bei dieser Wahl könnte sich die FPÖ fragen, wie sie mit einem noch beliebteren und bekannteren Spitzenkandidaten abgeschnitten hätte. Die Partei verdreifachte zwar beinahe ihre Stimmen, nach dem Absturz 2020 in Folge der Ibiza-Affäre.
Spitzenkandidat Dominik Nepp nannten 30 Prozent als entscheidendes Wahlmotiv. 2020 waren es 33 Prozent. Das zeigt, dass er nur bedingt Zugpferd war. Bürgermeister Michael Ludwig verbesserte sich bei diesem Wert von 39 auf 43 Prozent. Sein Amtsbonus verhinderte damit wohl stärkere Verlust für seine SPÖ, die auf der Zuwanderungsflanke angreifbar geworden ist.