Eine Person hält eine FFP2-Maske.
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Zwangsouting Ungeimpfter durch Maskenpflicht: Gut so?

Die Haltung zur Impfung spaltet die Gesellschaft. Diese Frontlinie bei jeder Gelegenheit sichtbar zu machen, ist keine so gute Idee.

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Privilegien für geimpfte Schüler. Keine Tests, keine Masken. Als profil über diese Pläne des Unterrichtsministers Heinz Faßmann vorab berichtete, war die Aufregung groß. Nicht nur Impfskeptiker warnten vor einer Stigmatisierung ungeimpfter Schüler, wenn nur noch sie Maske tragen. Faßmann hat nun teilweise Rücksicht darauf genommen. Ab Ende September bleiben geimpften oder genesenen Schülern drei Tests pro Woche zwar erspart. Auf den Gängen müssen aber auch sie weiterhin Maske tragen. „Wir wollten eine Diskussion um die Punzierung ungeimpfter Schüler vermeiden“, heißt es aus dem Unterrichtsministerium.

Impfskeptiker in der Auslage

Im Handel hat sich die Bundesregierung für den weniger diskreten Weg entschieden. Sie macht die Ungeimpften sichtbar. Ab 15. September müssen nur sie im Handel FFP2-Maske tragen und stehen damit in der Auslage. Bloß im Supermarkt oder der Drogerie gilt weiterhin die Maskenpflicht für alle, im restlichen Handel entfällt sie. Geimpften und Genesenen wird die FFP2-Maske bloß empfohlen.

Dem Vernehmen nach wollte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein im gesamten Handel eine generelle FFP2-Maskenpflicht – auch für Geimpfte. Doch Bundeskanzler Sebastian Kurz war fest entschlossen, Geimpfte zu privilegieren, sie zu belohnen, nach seinem Motto: „Für Geimpfte ist die Pandemie vorbei.“

Wie weit geht diese Privilegierung? Kommt die Maske nur für Ungeimpfte langfristig auch in den Öffis? In Einkaufsstraßen? Auf Plätzen? Bei aller Notwendigkeit, die Impfrate zu erhöhen und bei allem Unverständnis für chronische Impfgegner: Mit der einseitigen Maskenpflicht im Handel kann das öffentliche Sichtbarmachen der Ungeimpften auch wieder enden. Diese Trennung wird noch dadurch verwässert, dass auch vorsichtige oder ängstliche Geimpfte weiterhin FFP2-Maske tragen werden, so wie empfohlen. Die Gruppe der Maskierten ist dadurch nicht so ganz eindeutig.

Bevor die Regierung zum ultimativen Zwangsouting der Ungeimpften in der Öffentlichkeit ansetzt, sollte sie lieber andere Formen der „Impfpflicht light“ prüfen. Etwa kostenpflichtige Tests -  eine Art Steuer für die persönliche Weigerung, beim kollektiven Schutz mitzumachen - samt einer Ausweitung der 3-G-Zonen am Arbeitsplatz etc.

Die Spaltung der Jungen

Denn die Bevölkerung ist durch die Haltung zur Impfung schon jetzt enorm auseinandergedriftet. Diese Spaltung auch noch bei jeder Gelegenheit sichtbar zu machen, scheint mir gesellschaftspolitisch dann doch ein zu gewagtes Experiment zu sein. Besonders für junge Menschen, die in dieser Gesellschaft groß werden und nicht selten im Elternhaus oder im Freundeskreis beim Impfen zwischen den Stühlen sitzen.

Ungeimpfte Schüler dürfen übrigens ein externes Testzertifikat diskret an Lehrerinnen und Lehrer übergeben, sollte ihnen das Gurgeln oder Nasenbohren vor geimpften Klassenkollegen unangenehm sein.

Clemens Neuhold

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Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.