Zweckentfremdung: Der FPÖ-Klub im NÖ-Landtag sponsert ein Rallye-Team

Mit knapp 10.000 Euro jährlich sponsert die blaue Landtagsfraktion in Niederösterreich ein Rallye-Team – den Vertrag dürfte Ex-Klubobmann Waldhäusl eingefädelt haben. Rechtlich ist die Sache heikel: Denn Klubgelder sind nur für die parlamentarische Arbeit bestimmt.

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Unter allen Spitzenpolitikern hat Gottfried Waldhäusl wohl das außergewöhnlichste Hobby: Der FPÖ-Landesrat aus Niederösterreich drückt das Gaspedal seines blauen Steyr-Traktors (Baujahr 1973) gerne maximal durch, wenn er bei Oldtimer-Rennen durch die Pampa des Waldviertels kurvt; vorbei an Strohballen, über Sand- und Schotterpisten, wie beim 24-Stunden-Traktorrennen in der Gemeinde Reingers. Im strukturschwachen Norden Niederösterreichs locken diese motorisierten Wettkämpfe tausende Besucher an. Und Waldhäusl kann sein Hobby mit politischer Imagepflege verbinden.

 

Waldhäusls Vorliebe für den Motorsport wird auch offenkundig, wo er politisch etwas zu sagen hat. Bevor der Landwirt aus Waidhofen an der Thaya zum Landesrat aufstieg, war er bis 2018 zehn Jahre lang Klubobmann des FPÖ-Landtagsklubs. In dieser Zeit schloss der FPÖ-Klub einen ungewöhnlichen Sponsoringvertrag ab – mit einem Rallye-Team aus Waldhäusls Heimatstadt, wie gemeinsame Recherchen von profil und der Tageszeitung „Standard“ zeigen. Geld dafür hat der FPÖ-Klub genug: er finanziert sich aus Steuermitteln, die Höhe hängt vom Wahlergebnis ab. Für das heurige Jahr erhält die blaue Fraktion 913.000 Euro vom Land. Die Mittel wären eigentlich für die politische Arbeit gedacht – doch sie landen auch im Tank von Rennautos.

 

Laut profil und „Standard“ vorliegenden Informationen überweist der FPÖ-Landtagsklub monatlich 800 Euro an das Rallyeteam Franz; jährlich immerhin 9600 Euro. Die Gegenleistung: Der aufgemotzte VW-Golf der Hobbyrennfahrer rast mit aufgeklebten FPÖ-Slogans durch die Gegend: „Mut zur Heimat“ oder „Wir leben Heimat“ steht auf dem weißen Boliden. Wie die Kooperation zwischen Klub und Rallyeteam zustande kam, lässt sich erahnen: Der Pilot ist FPÖ-Gemeinderat in Waidhofen an der Thaya, Waldhäusl ist dort Parteichef. Der FPÖ-Klub bestätigte die Zahlungen auf Anfrage.

 

Ein heikles Geständnis: Denn die Klubförderung ist für die parlamentarische Arbeit im Landtag zweckgebunden – also etwa für Anträge, Pressekonferenzen, Personal und Ausschussarbeit. Für Parteiwerbung wäre die separate Parteienförderung vorgesehen. Ist das Rallyesponsoring also Zweckentfremdung von Geldern des Landtagsklubs? Ja, meint der auf Parteifinanzierung spezialisierte Politikwissenschafter Hubert Sickinger: „Es ist offensichtlich, dass dieses Sponsoring nichts mit irgendwelchen parlamentarischen Aufgaben des Landtagsklubs zu tun hat – selbst bei tolerantester Auslegung des niederösterreichischen Klubfinanzierungsgesetzes.“ Und es gibt ein zweites rechtliches Problem: „In Wirklichkeit ist das Öffentlichkeitsarbeit für die Landespartei, finanziert vom Landtagsklub. Die Partei dürfte das aber vom Klub nicht annehmen. Das ist also eine unzulässige Spende vom Klub an die Partei“, so Sickinger.

 

Der FPÖ-Klub erklärte zunächst, es sei der Fraktion ein Anliegen, „insbesondere auch den Motorsport, der häufig politisch stiefkindlich behandelt wird, zu unterstützen“. Von profil und „Standard“ mit den Bestimmungen des Klubförderungsgesetzes konfrontiert, präzisierte ein Sprecher der FPÖ-Fraktion: „Am Fahrzeug des genannten Ralleyteams ist kein FPÖ Logo zu sehen, weshalb es sich auch nicht um Parteiwerbung handeln kann. Alle unsere Ausgaben erfolgen auf Grundlage der gültigen Gesetze.“ Wohl aber waren am Rallyewagen Slogans der Landespartei aufgeklebt – wovon aus Sicht von Sickinger, dem Experten für Parteifinanzen, ein „Werbewert für die Partei“ ausgehe.

 

Der aktuelle Klubobmann Udo Landbauer versuchte sich über einen Sprecher abzuputzen: Er sei erst seit 2018 im Amt, der Vertragsabschluss falle nicht in seine Amtszeit. Warum er den Vertrag als Klubobmann aufrecht hielt? Keine Antwort.

 

Unbeantwortet ließ der FPÖ-Klub auch, seit wann der Sponsoringvertrag mit dem Rallyeteam Franz genau besteht – und ob die Startgelder für die 24-Stunden-Traktorrennen von Gottfried Waldhäusl ebenfalls aus Klubmitteln berappt wurden.

 

Dann wäre das Hobby kein Hobby mehr, sondern eine Zweckentfremdung von Klubgeldern.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.