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Persönliche Finanzen: Ordnung beim Geld

Finanzielle Gesundheit beginnt mit dem großen Durchblick. Expertinnen geben Tipps, wie Kostenfallen vermieden werden können.

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Der Jahresbeginn ist immer die Zeit der großen Vorsätze: Schluss mit dem Rauchen, ein paar Kilos abnehmen, im Kleiderschrank aufräumen und die Garage entrümpeln. Ach ja, auch das dicke Minus am Konto sollte endlich verschwinden oder zumindest schrumpfen. Larissa Kravitz, Schöpferin des Podcasts "Investorella" und Vermögensberaterin: "Der beste Grund dafür, dies zu tun, ist, dass man sich dabei Jahr für Jahr jede Menge Geld spart, das man dann investieren kann." Gerade angesichts der hohen Inflationsrate zählt jeder Euro. Ordnung halten bei den Finanzen klingt einfach und ist auch einfach, nur muss man damit beginnen. Weil Neujahrsvorsätze oft nur wenige Wochen halten, geben heimische Finanzexpertinnen einige Tipps, wie man langfristig Ordnung schafft.
 

1. Der private Kassensturz schafft den Durchblick

Eine solide Finanzplanung beginnt mit dem Überblick. Gudrun Steinmann, Leiterin der Finanzbildung in der Schuldnerberatung Wien-eine Tochter des Fonds Soziales Wien: "Die wenigsten Menschen haben einen Überblick darüber, was sie pro Monat ausgeben. Und die meisten Menschen sind überrascht, wenn sie sich vor Augen halten, wie viel Geld sie tatsächlich jeden Monat verbrauchen. Damit man aber gut mit seinem Geld auskommen kann, ist es wichtig, einen Überblick zu haben." Kravitz empfiehlt eine einfache Vorgangsweise: "Dabei nimmt man sich die Kontoauszüge der letzten zwölf Monate zur Hand und kategorisiert und analysiert die Ausgaben. Der Arbeitsaufwand ist gering, und man bekommt einen sehr guten Überblick über die eigenen Finanzen."Der Haben-Seite, also den Ausgaben, sollte man dabei die Soll-Seite gegenüberstellen. Dabei erhebt man, wie viel Geld auf Sparkonten, Bausparverträgen oder Depots lagert und welche Versicherungsverträge es bereits gibt. Auch möglicher Immobilienbesitz und Münzschätze in Silber oder Gold sollten hier berücksichtigt werden.

2. Typischen Kostenfallen auf den Zahn fühlen

Ein besonderes Augenmerk sollte man den Fixkosten schenken. "Bei Abos und langfristigen Verträgen mit automatischer Abbuchung tendieren wir dazu, dies zu vergessen und die Höhe unserer Fixkosten zu unterschätzen",so "Investorella"-Expertin Kravitz. Typische Kostenfallen sind hier zum Beispiel die Mitgliedschaft im Fitnesscenter, das man schon seit Jahren nicht mehr besucht, Streamingdienste und teure Handyverträge. Auch Abos für Apps und Software können zu einer Kostenfalle werden. Steinmann: "Es sind oft nur Kleinbeträge, die sich in Summe und über lange Zeiträume aber beträchtlich zu Buche schlagen können." Auch beim Girokonto sollte man darauf achten, den Überziehungsrahmen nur in Notfällen auszunutzen, denn die Überzugskosten können bei heimischen Banken über 13 Prozent betragen.

Eine große Kostenposition ist das eigene Auto. Eine Limousine der unteren Mittelklasse wie der BMW 120i mit Automatikschaltung schlägt sich laut ÖAMTC mit 617 Euro pro Monat zu Buche. Steinmann: "Auch wenn es für viele Autofahrer nur schwer vorstellbar ist: Ich rate-vor allem in Gebieten mit einem guten öffentlichen Verkehrsnetz-zu einem Umstieg auf die Öffis. Gewohnheiten abzulegen, ist zwar schwer. Aber wer sich dazu durchringt, kann hier eine beträchtliche Summe einsparen."

3. Dokumente regelmäßig sortieren und ablegen

Die große Schublade mit den Finanzunterlagen ist kein System. Ist eine Zahlung unklar oder wird ein Versicherungsfall schlagend, beginnt das große Suchen. Daher gilt es, Kontoauszüge, Rechnungen, Versicherungsdokumente und andere wichtige Papiere nicht einfach in die Schublade zu verfrachten, sondern regelmäßig zu sortieren und abzuheften, raten die Finanzberaterinnen. So beschäftigt man sich einmal in der Woche wenige Minuten mit seinen Finanzen und hat den vollen Durchblick.
 

4. Das Haushaltsbuch lohnt sich nicht

Das analoge Haushaltsbuch als Relikt früherer Zeiten hat sich in Form unzähliger Haushaltsbuch-Apps in die digitale Welt gerettet. Allerdings ist deren Sinnhaftigkeit fraglich: "Das ist bestenfalls unnötig, schlimmstenfalls kontraproduktiv. Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit eines Haushaltsbuchs. Die Studien zeigen sogar das Gegenteil. Das Haushaltsbuch geht wohl auf die Zeit zurück, in der die Hausfrau den Verbleib des Haushaltsgeldes gegenüber dem Ehemann rechtfertigen musste. Es ist kein wirksames Finanztool, weil die meisten Menschen an dieser Sisyphus-Arbeit scheitern und dann beim Thema Finanzen die Flinte ins Korn werfen", warnt Kravitz. Deutlich einfacher lässt sich das mit modernen Konto-Apps wie "George" oder "Mein ELBA" erledigen. Gerda Holzinger-Burgstaller, CEO der Erste Bank Oesterreich: "Mit 'George' können Ausgaben kategorisiert und mit verschiedenen Farben versehen werden, was für einen schnellen Überblick extrem hilfreich ist. Auf einen Blick sieht man, was man für Essen, Freizeit, Hobbys, Versicherungen, Auto etc. ausgibt."

5. Ziele definieren und die 50/30/20-Methode 

Bei jeder Reise definiert man Ziele. Das Gleiche gilt für die Finanzplanung. Holzinger-Burgstaller: "Nur auf Basis von Wünschen und Zielen lässt sich festlegen, wie man das Geld einsetzt. Denn es ist ein großer Unterschied, ob man zum Beispiel für die Pension vorsorgt oder für den nächsten Urlaub Geld zur Seite legt. Wird man bei einem kurzfristigen Ziel Geld eher schnell verfügbar veranlagen, so können bei einem langen Zeithorizont je nach Risikoneigung auch Finanzprodukte wie Wertpapiere, Lebensversicherungen, Immobilien oder Gold zum Einsatz kommen."Grundsätzlich gibt es keine allgemeingültige Systematik, wie man sein Geldleben organisiert. "Wir empfehlen unseren Kunden aber, mindestens drei Monatsgehälter als Sicherheitspolster für unerwartete Ausgaben oder auch Einkommensausfälle auf einem Sparkonto zu parken. Für alles, was darüber hinausgeht, sollten alternative Veranlagungsformen in Betracht gezogen werden",so die Erste-Bank Chefin Holzinger-Burgstaller.

Zudem ergibt es auch Sinn, Budgets für das laufende Jahr zu definieren. Finanz-Podcasterin Kravitz: "Eine der simpelsten Budgetierungsmethoden ist das 50/30/20-Budget. 50 Prozent für Fixkosten und die Ausgaben des täglichen Lebens, 30 Prozent für die Dinge, die man sonst gerne hätte oder braucht, und 20 Prozent legt man für die Zukunft zur Seite, also Sparen und Investieren. Die einfachste Art, dies zu managen, ist, die 20 Prozent Zukunftsgeld sofort nach dem Eingang auf das eigene Konto oder Depot zu überweisen. Wer mit 80 Prozent seines Einkommens auskommt, ist also am besten Weg zur finanziellen Absicherung und zum Vermögensaufbau."

6. Welche Versicherungen braucht man wirklich?

Grundsätzlich gilt beim Thema Versicherung, dass man persönliche Risiken möglichen Sachschäden vorreihen sollte. Bevor man also beispielsweise eine Luxusversicherung für das Auto abschließt, sollte man für sich selbst vorsorgen. Holzinger-Burgstaller: "Der Absicherungsbedarf hängt stark von der individuellen Lebenssituation ab. Als Basis-Absicherung für die persönliche Gesundheit und die Haftung gegenüber Dritten empfehle ich jedenfalls eine Unfall-sowie eine Haushaltsversicherung. Aber auch das Thema Pension wird immer drängender. Wer im Ruhestand seinen Lebensstandard annähernd halten will, sollte auch über eine Pensionsabsicherung nachdenken." Eltern sollten auch an den Nachwuchs denken. Kravitz: "Hat man eine Familie, so ist eine Ablebensversicherung einer der einfachsten Wege, sie im Fall des eigenen Todes abzusichern. Wenn es sich im Budget ausgeht, ist eine Rechtsschutzversicherung gut, denn das Risiko, irgendwann im Leben einen Prozess führen zu müssen, wird tendenziell unterschätzt."

7. Keine Angst vor Wertpapieren

Bei einer Inflationsrate im Gesamtjahr 2022 von 8,6 Prozent lässt sich der Wert des Geldes am Sparbuch mit der aktuellen Verzinsung nicht erhalten. Ohne Wertpapiere sind auf lange Sicht keine Renditen zu erwirtschaften. Kravitz: "Beim Thema Investieren denken aber alle immer gleich an Gordon Gecko, den "Wolf of Wall Street".Das hat mit der Realität des Investierens wenig zu tun. Aktieninvestments sind in Wahrheit langweilig und haben hauptsächlich mit Strategie und Geduld zu tun." Natürlich birgt der Handel von Wertpapieren an den Börsen auch Risiken. Für Einsteiger sind Fonds eine gute Wahl, denn mit dem investierten Geld wird nicht nur in eine Aktie, sondern in viele Aktien eines Marktes oder einer Branche investiert. Damit kann man selbst mit nur wenigen Hundert Euro manchmal in Tausende Aktien investieren. Dass alle diese Unternehmen gleichzeitig insolvent werden oder die Kurse in Richtung Nulllinie abstürzen, ist sehr unwahrscheinlich. Man muss sich allerdings auch bewusst sein, dass Sicherheit immer Rendite kosten wird. Wer in einen Sparplan auf einen Fonds über einen langen Zeitraum einzahlt, der nutzt den sogenannten Cost-Average-Effekt. Damit werden über längere Zeiträume Kursschwankungen ausgeglichen. Geht es nach unten, werden Fondsanteile deutlich billiger eingekauft-geht es nach oben, werden weniger Anteile gekauft, weil es teurer ist. Holzinger-Burgstaller: "So paradox das jetzt klingen mag, aber damit kann man in der aktuellen Phase die schwankenden Märkte und Tiefstände an den Börsen für einen Einstieg nutzen."