Outdoor-Mode: verstörend fortschrittlich
Wahrscheinlich ist es bei der Outdoor-Bekleidung ähnlich wie bei Autos: Man verkauft Sehnsüchte, und nicht den profanen Alltag. Man wirbt lieber mit großer Freiheit, mit einsamen Gipfelsiegen und grandioser Naturerhabenheit, anstatt mit einem Büro, wo die Kollegen über die schicke neue Jacke staunen. Sämtliche Outdoor-Marken vertrauen schon seit Jahren konsequent auf atemberaubende Naturaufnahmen, um ihre Produkte möglichst spektakulär in Szene zu setzen. Profan betrachtet ist die Outdoor-Mode allerdings längst in der U-Bahn angekommen. Man sieht sie beim Heurigen ebenso wie im Burgtheater. Es gibt mittlerweile keinen urbanen Bereich mehr, in dem eine Funktionsjacke nicht zur Grundausstattung gehörte.
Vieles spricht dafür, dass sich die Outdoor-Mode gerade auf jenem Weg befindet, den die Jogginghose bereits erfolgreich beschritten hat. Lange geächtet, entwickelte sich Sportkleidung zum Massenphänomen. Streetwear ist längst gesellschaftsfähig und inzwischen auch durch High-Fashion geadelt. Jüngst trug sogar die britische Star-Designerin Stella McCartney bei einem Interview eine edel verarbeitete Trainingshose. Sie meinte, sogar eine Anwältin, mit der sie regelmäßig zusammenarbeite, habe Jogginghosen an. Warum auch nicht?
Keine Frage, auch die Funktionskleidung ist in der Welt der Fashion angekommen. Der stets innovative deutsche Männermode-Blog Dandy Diary inszenierte kürzlich eine Hommage an den Look des modernen Touristen, der, bevor er die Großstädte dieser Welt erkunde, sich in Outdoor-Geschäften einkleide, als wolle er den Nanga Parbat besteigen: Seit Touristen auf Funktionsstoffe und Dynamic Footwear setzen, erhält dieser seit jeher prollige Look etwas verstörend Fortschrittliches. Verwunderlich nur, dass viele Marken noch immer die ewig gleichen sackartigen Jacken in Blau, Rot und Schwarz produzieren. Erstaunlich, dass es so selten Kollaborationen in der Modeindustrie längst ein lukratives Zauberwort zwischen Outdoor-Experten und namhaften Designern gibt. Das wird sich in Zukunft freilich ändern.
Die Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen, dass der massive Boom an Outdoor-Bekleidung im deutschsprachigen Raum zu Ende zu sein scheint. Der Markt ist gesättigt, die Konkurrenz wird härter. Immer mehr Anbieter suchen mit neuen Produkten nach Nischen. Das musste auch der deutsche Branchenführer Jack Wolfskin einsehen, der im Vorjahr Umsatzeinbrüche verzeichnete und nun sein langweilig gewordenes Image aufbessern möchte. Wir setzen im Frühling 2014 auf frische Farben und leichtere Stoffe, unser Tatzenlogo wird modernisiert, und wir streben eine jährliche Quote an Neuprodukten von 70 Prozent an, sagt Marvin Troemer, Pressesprecher der Marke gegenüber profil-extra.
In der Tat wird der Markt in Zukunft nicht auf dem Berg entschieden werden obwohl technische Innovation, Umweltschutz und leichtere Materialien auch weiterhin zentrale Themen bleiben , sondern in der Großstadt: Welche Marke sieht cooler aus. profil stellt sechs Gewinner vor.
Der Retro-Profi: Patagonia Legacy-Kollektion
Ein amerikanischer Outdoor-Experte, der früh auf strahlende Farben und modische Schnitte gesetzt hat, besinnt sich auf seine Wurzeln. Zum 40-jährigen Jubiläum von Patagonia werden alte Modelle neu aufgelegt. Ein Highlight ist die Regenjacke Post Foamback Cagoule, die an den ursprünglichen Ölzeug-Regenschutz für britische Kletterer der 1960er-Jahre angelehnt ist: eine Jacke wie ein Zelt. So weit geschnitten, dass man sie bei einem Wolkenbruch über die Knie ziehen kann. Das Modell sieht zwar altmodisch aus (Farbe: Prairie Gold), ist aber trotzdem technisch auf dem neuesten Stand. Sie besteht aus zweilagigem Gore-Tex®-Paclite®-Material und hat elastische Manschetten, eine Zugkordel-Kapuze und einen aufrollbaren Zugkordelsaum, der Nässe abhält. Praktischerweise kann man die Jacke klein zusammenlegen und in der bei-gelegten Tasche verstauen. Ein Regenschutz auch ideal zum Fahrradfahren in der Stadt.
Der Trendsetter: Henrik Visbskov X Dale of Norway
Der dänische Designer Henrik Vibskov gilt als einer der innovativsten jungen Modemacher: Seine raffinierten, farbenfrohen Prints sind echte Hingucker. Ihm gelingt der Spagat zwischen schrägem Design, das tragbar bleibt. In Kollaboration mit dem Traditionsbetrieb Dale of Norway sind in seiner aktuellen Herbstkollektion The Stiff Neck Chamber hochwertige Strickprodukte entstanden, die moderne Schnitte aufweisen. Die gerade extrem angesagten Bomber- und Collegejacken gehen mit den traditionellen Mustern eine coole Kombination ein. Die Marke Dale of Norway ist ein Traditionsbetrieb, der mit seinen hochwertigen Wollprodukten schon das norwegische Olympia-Team ausgestattet hat. Dale of Norway setzt zwar auf traditionelle skandinavische Muster, hat aber auch in Sachen Hightech-Materialien und neuartige Strickmethoden viel in Forschung investiert. Die Zusammenarbeit mit Vibskov ist ein gelungenes Beispiel, wie sich Tradition, Handwerk und modische Innovation blendend ergänzen können. Es muss ja nicht jede Outdoor-Jacke synthetisch sein.
Der Newcomer: Rains
Achttausender besteigen wird man mit diesem Regenmantel (Foto), der auf technischen Schnickschnack verzichtet, sicher keine, dafür sind die Produkte des dänischen Labels Rains, das 2011 gegründet wurde, relativ preiswert und ex-trem hip. Rains definiert den klassischen Regenmantel dezent neu, die Farben leuchten vor allem das Orange lässt seinen Träger an jedem noch so trüben Tag hell strahlen. Und die Details sind liebevoll und mit Sinn für Stil gearbeitet. Seit Kurzem gibt es auch Regenmäntel und -capes im angesagten Camouflage-Look. Durchaus passend werden die Produkte von Rains es gibt auch Hosen und Taschen nicht in Outdoor-Shops verkauft, sondern in mode-affinen Boutiquen.
Der arktische Hipster: Canada Goose
Der kanadische Experte für Polarbekleidung war lange nur in kalten Gefilden zu sehen. In Grönland, Alaska und Amerika vertraute man auf die Traditionsmarke, die 1957 von einem polnischen Auswanderer gegründet wurde und auf extreme Temperaturen spezialisiert ist. Seit einigen Jahren aber ist Canada Goose plötzlich ein angesagtes Hipster-Label geworden. Stars wie Matt Damon, Hilary Duff oder Maggie Gyllenhaal wurden in Canada-Goose-Jacken gesichtet, mittlerweile ist der Trend auch nach Europa übergeschwappt, wo die Jacken allerdings noch immer nicht leicht erhältlich sind. Bei Online-Käufen sollte man vorsichtig sein und nur bei einem autorisierten Händler bestellen, denn von dieser Marke sind viele Fälschungen im Umlauf. Canada Goose ist der Gewinner in Sachen Wintertauglichkeit. Aber Vorsicht: Nicht alle Modelle der hochpreisigen Jacken sind stadttauglich. Der Snow Mantra ist erst ab Minus 20 Grad sinnvoll, in der Stadt fühlt man sich damit wie ein Polarbär am Südseestrand.
Der Relaunch-Meister: Jack Wolfksin Zenon Jacket
Der deutsche Markenführer Jack Wolfskin hat die Zeichen der Zeit gerade noch rechtzeitig erkannt: Die Sommerkollektion setzt auf bunte Farben und schickere Schnitte. Die Jacken sind tailliert und nicht mehr nur langweilig einfärbig. Vorausweisend ist ein Herbst-Modell, mit dem man sich auch in der Stadt sehen lassen kann: das Zenon Jacket, das sowohl für Damen als auch für Herren erhältlich ist. Eine extrem leichte Jacke, die im Oberkörperbereich mit 90/10er Daune gefüllt ist, die für wohlige Wärme sorgt, während Ärmel, Schulter und Kapuze mit einer Kunstfaserfüllung versehen sind, die übermäßiges Schwitzen verhindert.
Das Leichtgewicht: Haglöfs LIM II Jacket
Skandinavien gilt als Vorreiter minimalistisch-stilvoller Kleidung, die funktional und schick ist. Klar, dass die nordischen Länder auch bei der Funktionskleidung die Nase vorne haben. Das schwedische Label Haglöfs, 1914 gegründet, überzeugt schon länger durch hochwertige Produkte, die mit einem angenehm unaufdringlichen Logo versehen sind und tolle Farbnuancen aufweisen. Less is More war schon immer ein Motto von Haglöfs, in der Herbstkollektion gibt es nun sogar eine Jacken-Serie, die sich eigens darauf beruft. Die Lim-Modelle sind ultraleichte Gore-Tex-Jacken (unter 300 Gramm) für milde Herbsttage, die sich problemlos im Rucksack verstauen lassen.