Lexikon der modernen Emotionen – Nummer 13: Teilvertrauen
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Gefühl Nr. 13: Teilvertrauen, oder die Gewissheit, dass ein bisschen Gutes auch nicht ganz schlecht sein wird.
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Es gibt schon wieder Streit. Er ist aus der Not geboren, nämlich aus der aktuell herrschenden und der zukünftig drohenden Energieknappheit. Er dreht sich um die Frage, ob man mit einem Verbot sogenannter Heizschwammerl (in ihrer elektrisch betriebenen Form auch: Heizstrahler) auf gastronomisch bewirtschafteten Flächen einen wertvollen Beitrag zum zweifellos nötigen Energiesparen leiste, oder ob – Gegenmeinung – dies ein überschießender Eingriff in privatwirtschaftliche Entscheidungsbereiche sei, der zudem gar keine nennenswerte Ersparnis bringe. Zu beiden Positionen kursieren einschlägige Modellrechnungen, Hochschätzungen und Argumentarien.
Im Heizschwammerl steckt ja, bei aller Lächerlichkeit, auch ein moralischer Kern, vielleicht sogar eine der ganz großen ethischen Grundfragen unserer Zeit.
Mir bescherte das Thema zunächst keine gröberen Hitzeschübe, aber es brachte mich dann doch zum Nachdenken. Im Heizschwammerl steckt ja, bei aller Lächerlichkeit, auch ein moralischer Kern, vielleicht sogar eine der ganz großen ethischen Grundfragen unserer Zeit. Sie lautet: Kann man es denn überhaupt richtig machen? Es lässt sich ja wirklich zu jeder noch so guten Tat auch ein Haken finden, jeder gute Wille mit einem Gegenargument zermürben. Energiesparen? Gut, aber. Umweltschutz? Eh, aber. Hundert kleine Einzelheiten, die der einen guten Sache zusetzen. Die 100 Prozent Richtigkeit, die man sich als guter Mensch idealerweise vornimmt, sind leider beim besten Willen nicht zu erreichen.
Gutes zu tun hat im Jahr 2022 selten etwas Revolutionäres an sich, es ähnelt eher einer Evolution.
Aber gibt nicht nur Tun oder Nichtstun, sondern es gibt zum Glück noch das Teilvertrauen. Also die Gewissheit, dass ein bisschen mehr ist als nichts, und wenn es ein bisschen Gutes ist, dann kann das nicht ganz schlecht sein. Am Beispiel des Heizschwammerlverbots: Nein, es wird allein nicht ausreichen, um die Welt zu retten. Aber es wird sie, ein ganz kleines bisschen, eben doch verbessern. Gutes zu tun hat im Jahr 2022 selten etwas Revolutionäres an sich, es ähnelt eher einer Evolution.
Verbesserung ist möglich, aber nicht sofort und auch nicht restlos. Es wird auch nach der guten Tat ein bisschen Grau übrig sein, es wird ein bisschen unklar bleiben, was der Sinn des Ganzen eigentlich gewesen sein könnte, aber das ist nichts, was man nicht aushalten könnte. Zum Trost an dieser Stelle ein Zitat von Rainald Goetz, der dem Magazin des Burgtheaters im vergangenen Frühjahr auf die Frage, ob er manchmal von der Revolution träume, die folgenden, wunderschönen Sätze diktiert hat: „Ich träume den irrationalen, extrem simplen Traum von GÜTE, dass die Leute nett miteinander umgehen, rücksichtsvoll, zartfühlend, vernünftig, höflich. Das wäre eine Revolution, das schon, aber die könnte nur jeder für sich selbst machen, wenn er sie machen wollen würde. Und mindestens genauso stark wie von Güte träume ich davon, dass wirklich jeder wirklich absolut das machen kann, dürfen können soll, was er machen will.“ Sätze, die wärmen wie 200 Kilowatt.
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Wie oft habe ich dieses Gefühl: täglich (besonders intensiv beim Lesen von Leitartikeln oder Durchhören von Meinungs-Podcasts)
Mit welchen Gefühlen ist es artverwandt: Halbstärke
Wenn ich über dieses Gefühl ein Lied schreibe, trägt es folgenden Titel: Halbe Miete kostet nichts