Element of Crime: Vom Lorbeerblatt
"Es ist Element of Crime, so what", meint Sven Regener launig auf die Frage, ob jedes neue Album seiner Band auch eine Gratwanderung zwischen Stillstand und Fortschritt sei. "Der erstrebenswerte Punkt einer Rock'n'Roll-Band wäre es ja, einen Song immer und immer wieder aufs Neue einzuspielen", meint das Element-of-Crime-Mastermind beim Interviewtermin. Idealerweise würde man als Band einen Ramones-artigen Zustand erreichen, da gerade die New Yorker Punk-Pioniere diese Kunst des eigenen Zitats perfektioniert hätten. Das wäre "das Nirwana, die Erleuchtung", meint Regener.
Bei Element of Crime arbeite man heute immerhin mit zwei bis drei verschiedenen Songvariationen, auf die man zurückgreifen könne. Außerdem: "Man kann es der Band ja nicht verübeln, dass sie mit sich selbst identisch ist." Stillstand sei für den 57-Jährigen daher kein Thema. Nach über 30 Jahren Band geschichte denke man noch immer von Song zu Song und von Konzert zu Konzert.
Auf "Schafe, Monster und Mäuse", dem neuesten Album der Berliner Band-Institution, das dieser Tage erscheint, wird das bandeigene Erfolgsrezept (Pop-Chanson, Rock-Gitarren, Berliner Großstadtmelancholie, punktgenaue Lyrics) nun um ein paar Nuancen weitergedreht. Die Vorabsingle "Am ersten Sonntag vor dem Weltuntergang" geriert sich als tragikomische Soul-Ballade, in "Immer noch Liebe in mir" geben sich die vier Musiker ungewohnten Mariachi-Klängen hin, und bei "Karin, Karin", einer leichtfüßigen Songminiatur, singt Regners Tochter Alexandra beschwingt mit.
Für die Band passe das alles zusammen, man probiere eben viel aus. Das sei wie bei Reinhard Mey, sagt Regener - und zitiert den alten Meister: "Habt Dank für das achtel Lorbeerblatt, auf dem ich tun kann, was ich will." Für Gitarrist Jakob Ilja wäre es zudem schlicht verrückt, würde man diese spezielle Stilistik, diese eigene musikalische Welt verlassen ("Das ist ja ein großes Glück, was wir da haben.") Einen Masterplan gebe es beim Komponieren neuer Stücke indes immer noch nicht. Als lebenslange Musiker lasse man sich immer noch gerne davon überraschen, mit welchen Ideen die anderen Bandmitglieder ins Studio kommen.
Bleibt noch die Frage, wie politisch ein neues Album überhaupt sein soll? Das dürfe man laut Regener nicht vermischen. Kunst und Politik stehen für ihn gleichberechtigt nebeneinander, es sei aber nicht Aufgabe der Kunst, sich der Politik unterzuordnen. Politik im engeren Sinne sei eben viel zu wichtig, um alles für politisch zu erklären. Natürlich spiegeln Politik und Kunst die Stimmung in einer Gesellschaft, die Verfasstheit des Landes wider. Und es mache natürlich einen Unterschied, ob ein Album im Deutschland des Jahres 2018 oder 1926 erscheint. Nur: "So wenig, wie ich das Bedürfnis habe, dass im Bundestag gesungen wird", meint Regener noch, "so wenig bin ich der Meinung, dass Politik im engeren Sinne auf einer Platte wie unserer etwas zu suchen hat."
Element of Crime gastieren am 2. und 3. Mai im Wiener Gasometer (Support: Isolation Berlin).
Element of Crime: Schafe, Monster und Mäuse (Vertigo)