Neue Alben: Cat Power und Fucked Up
Cat Power: Wanderer (Domino Records)
Stehenbleiben, durchatmen, weitergehen, weiterdrehen. Für die Musikerin Cat Power, die seit Mitte der Neunziger wunderbare Indie-Alben veröffentlicht, scheint das Leben stets im Fluss zu sein. Sechs unglaublich lange Jahre musste man auf „Wanderer“, dem neuen Album der Songwriterin aus Atlanta warten. Und das hat gute Gründe. Einerseits bekam Chan Marshall, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, 2015 einen Sohn, andererseits hat sich die Wanderin mit der Gitarre mindestens zwei Schritte weiterentwickelt. Das neue Album ist die Meditation einer 46-jährigen Musikerin, die ihr Leben nach Alkoholsucht und Depressionen neu geordnet hat, sich es in ihrem neuen kreativen Lebensabschnitt aber nicht zu gemütlich gemacht hat. Auf den elf neuen Songs verwandelt Cat Power ihre Sehnsüchte, Trauer, Freude und Ängste in ruhige Songminiaturen, lässt ihre unverkennbare Stimme meist mit Gitarre, oft nur mit Klavier begleiten. Es geht um selbstbewusste Frauen (mit Lana del Rey singt sie den Song „Woman“) ums hinfallen und wieder aufstehen, um Selbstermächtigung. Cat Power schöpft aus hoffnungslosen Songs hoffnungsvolle Musik. Man hört ihr beim Leben zu.
Fucked Up: Dose Your Dreams (Merge Records)
Loslassen! Ja, das ist nicht leicht. Im Leben, in der Liebe und in der Band. Vor allem, wenn die Zeiten unsicher sind und die Dinge auseinanerdriften. Da möchte man am liebsten festhalten, an dem was man kennt, seinen Platz nicht verlassen, seine Rolle nicht aufgeben, seinen Sound nicht ändern. Aber die kanadische Hardcore-Punk-Band Fucked Up hat das geschafft - und dank diesem Schritt das beste Album des Jahres geschaffen. Sänger Damian Abraham war seit Beginn der Band Anfang der 2000 Jahre mit seiner rauen In-Your-Face-Stimme das Markenzeichen von Fucked Up. Gitarrist Mike Haliechuk wollte die Band aber musikalisch immer schon öffnen. Auf dem dritten Album der Band, "David Comes to Life" (2011), ist das schon hervorragend gelungen. Aber "Dose Your Dream", Album Nummer fünf, erreicht noch einmal eine höhere Qualität.
18 Lieder, 80 Minuten - und es ist alles dabei: dunkler 70er-Jahre Dance-Rock, Elektrostücke, Synthie-Pop-Beats-Beats, vielstimmige Schreielemente, Gastauftritte von J Mascis oder Folksängerin Jennifer Castle. Manchmal muss man zweimal nachschauen, um sich noch sicher zu sein, dass diese Songs von "Fucked Up" sind. Man kann es durchaus als Glück bezeichnen, dass Abraham aufgrund anderer Verpflichtungen kaum in den Entstehungsprozess eingebunden war. Und man darf es durchaus als Reifeprozess sehen, dass der bärtige Sänger seine Kollegen diesmal einfach hat machen lassen. "Ich konnte erstmals zulassen, dass sich auch andere in der Band ihre Visionen erfüllen", kommentierte Abraham das Ergebnis. Er selbst und "Fucked Up"-Fans dürfen sich über diese neue Freiheit freuen.
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Diese Woche in der unerhört-Playlist:
Fucked Up: Dose Your Dreams Melt Downer: Alter (Song) Alien Hand Syndrome: Entwined (Song) Christine and the Queens: 5 dollars (Song) Soap&Skin: Italy (Song) Behemoth: Bartzabel (Song) Bob Moses: Battle Lines Kurt Vile: Loading Zone Andrea Fissore: Shadows Of The Moon (Song) Schmieds Puls: Don't Love Me Like That (Song) Thou: Transcending Dualities (Song) LEYYA: Wannabe (Song)