"Voodoo Jürgens, woher kommt das Morbide in Ihrer Musik?"
"Des gibt's jo net, des gibt's jo net": David Öllerer alias Voodoo Jürgens nimmt sich auch auf seinem zweiten Album der Hochschaubahn namens Leben an - einmal geht es bergauf ("kaufst da an Schmuck"), dann ist wieder "ollas dahin". Er führt durch die Welt der Strizzis und erzählt von "der guaden oiden Zeit", auch wenn der Tullner erst 36 ist. Mit seiner Band, der Ansa Panier, ist er am 3.12. in der Wiener Arena zu sehen. Nächstes Jahr wird Öllerer mit "Another Coin for the Merry-Go-Round" (Regie: Hannes Starz) in die Kinos kommen.
INTERVIEW: STEPHANIE LEHNER
profil: Ihr neues Album heißt "'s klane Glücksspiel". Wie groß war die Rolle des Zufalls in Ihrer Musikerkarriere? Jürgens: Es gehört sicher Glück dazu. Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Trotzdem ist es ja auch Arbeit gewesen.
profil: Ist das Wienerlied, das beim jungen Publikum wieder so gut ankommt, nur ein Retrotrend? Jürgens: Mir gefällt die Ästhetik der 1950er- bis 1970er-Jahre. Es ist mir nicht wichtig, immer am Puls der Zeit zu sein und die neuesten Sounds zu machen. Ich versuche, ein zeitloses Lied hinzukriegen, relativ straight gebaut, mit Akustikgitarre und Kontrabass. Das geht sich immer aus.
profil: Sie haben für dieses Album Größen wie Jazz Gitti und Louie Austen vors Mikro gebeten. Warum das? Jürgens: Den alten Hasen taugt das. Früher wurde nicht gepflegt, dass man junge Bands als Vorgruppe hat oder alte Stars reinholt. Die Jazz Gitti mit ihrer Drahdiwaberl-Vergangenheit passt einfach gut zu mir.
profil: Sie sind auch Teil des noch in Arbeit befindlichen Filmprojekts "Another Coin for the Merry-Go-Round", in dem es darum geht, dass man mit 30 erwachsen werden sollte. Jürgens: Ich spiele einen Schlagzeuger im Rollstuhl. Ich wollte immer schon in einem Film mitwirken. Das ist so ein richtiger Langspielfilm mit einer Hauptrolle. Man sagt ja, dass man mit 30 sein Leben im Griff haben sollte. Manche reißen sich die ganze Zeit den Arsch auf, und nichts trägt Früchte. Anderen geht leicht etwas auf. Man muss trotzdem an seine Ziele glauben und sie verfolgen. Überhaupt geht mir diese Erfolgsgesellschaft ein bisschen auf den Geist.
profil: Wie viel von der Figur Voodoo Jürgens steckt privat in Ihnen? Jürgens: Ich habe mich immer geärgert, wenn so getan wird, als hätte ich Kunst studiert und tu nur so, als wäre ich ein Prolo. Es braucht schon einen Hintergrund, um diese Rolle zu bringen. Auch das Wienerlied, ja, das Wienerische selbst, muss man pflegen. Man muss in die Wirtshäuser gehen, sonst sterben sie aus. Bei mir in Hernals hat jetzt wieder ein Wirt zugemacht. Das hat mir einen Tag lang zu denken gegeben.
profil: Woher kommt das Morbide in Ihrer Musik? Jürgens: Das hat man in sich oder nicht. Es gibt auf der Platte eine Nummer, die wirklich Trost spendet und nichts Verbittertes, kein tragisches Ende hat. Das ist "Ohrwaschlkräuler". Ich denk mir, es gibt schon viel Scheiße, es kann viel passieren, man kann nicht alles durch die rosarote Brille sehen. Und trotzdem braucht man Hoffnung, muss daran glauben, dass sich Dinge ausgehen. Weil das irgendwie lebenserhaltend ist.