Zu blaues Blut: Die FPÖ und der St. Georgs-Orden
FPÖ-Chef Norbert Hofer ist ein treuer Ritter. Kaum ein anderes Mitglied trägt das Kreuz des St. Georgs-Ordens so treuherzig am Revers wie er, zuletzt beim ORF-„Sommergespräch“ vergangene Woche. Hofer wurde um das Jahr 2010 zum „Ehrenritter“ des Hausordens geschlagen, vom Großmeister Habsburg höchstpersönlich. Hätte der Kaiserenkel damals gewusst, welche Anziehungskraft der aus blauem Adelsblut entsprungene Verein auf blaue Politiker ausübt, hätte Habsburg das Schwert vielleicht stecken lassen. In nur wenigen Jahren hat sich die Zahl der Mitglieder von rund 300 auf 600 verdoppelt – eine Expansion, die ohne die Blaufärbung des Ordens nicht zu erklären wäre. Heute sind unter anderem Johann Gudenus und Markus Tschank Teil der illustren Runde – gegen beide wird im Zuge der Ibiza-Affäre ermittelt. Der St. Georgs Orden selbst trat als Partner von Tschanks Institut für Sicherheitspolitik auf.
Zu bunt für Habsburg
Nun wurde es Karl Habsburg offenbar zu bunt. Gudenus und Tschank sollen bereits gebeten worden sein, den St. GeorgsOrden zu verlassen, erzählen Mitglieder unter Wahrung ihrer Anonymität. Sollten sie der Bitte nicht entsprechen, könne Habsburg sie aus seinem Hausorden ausschließen. Zuvor habe der Kaiserenkel mit Norbert van Handel und Helmut Günther zwei FPÖ-Politiker an der operativen Spitze degradiert.
„Der Orden ist christlich, wertkonservativ, wirtschaftsliberal, paneuropäisch und für ein breites bürgerliches Spektrum offen. Habsburg legte aber immer wert auf Überparteilichkeit“, so die Ordensmänner.
Es war nicht Hofer, der den Orden ins blaue Fahrwasser führte, sondern sein väterlicher Freund Norbert van Handel – und allen voran Helmut Günther. Er war Sektionschef im Sozialministerium und bis 2015 Wiener FPÖ-Landtagsabgeordneter. Bis 2017 war Günther „Kanzler“ der „Ordensregierung“ und führte zusammen mit dem „Prokurator“ van Handel die operativen Geschäfte. Die elitären Zutrittsregeln beschleunigten die blaue Welle. Auf Vorschlag eines Mitgliedes entscheiden zwei „Paten“ über die Aufnahme; je mehr FPÖ-Mitglieder, desto mehr blaue Nominierungen und Paten.
Neue Zutrittsregeln
Schlug Günther einen weiteren FPÖ-Politiker, Freund oder Sympathisanten vor, brauchte es nur noch einen blauen Paten für die Aufnahme. Unter Günthers „Kanzlerschaft“ soll es vor 1,5 Jahren sogar massive Bestrebungen gegeben haben, Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in den Orden zu holen. Dazu kam es jedoch nicht. Schon länger dabei: die nicht amtsführende Wiener FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel, die als „Ehrendame“ die „Ritter bei der Erfüllung der karitativen Aufgaben“ unterstützt.
Ende 2017 degradierte Habsburg Günther zum einfachen Mitglied und machte den liberal gesinnten Stefan Schermaier zum Kanzler. Und er änderte die Zutrittsregeln. Künftig dürfen Mitglieder der Ordensregierung nicht mehr als Paten agieren.
Unmut unter liberalen Mitgliedern des Ordens
Den 77-jährigen van Handel degradierte Habsburg vom Prokurator zum „Ehrenprokurator“. Diese Funktion wurde zur Gesichtswahrung eigens geschaffen, denn der oberösterreichische Schlossbesitzer, Jurist und Geschäftsmann van Handel, der sich selber als „Baron“ tituliert, hat sich große Verdienste um den Orden erworben. 2008 stellte er ihn neu auf; damals war er noch ÖVP-Mitglied. Seine Leidenschaft für die FPÖ soll er im Zuge der Flüchtlingswelle 2015 entdeckt haben. Im Präsidentschaftswahlkampf stellte er sich als Ordensprokurator kämpferisch hinter Norbert Hofer. Der Unmut unter liberalen Mitgliedern des Ordens wuchs. So legte der frühere ÖVP-Chef Erhard Busek in Reaktion auf einen „ZIB 2“-Auftritt van Handels seine Mitgliedschaft im Orden zurück. Als sich van Handel von der FPÖ auf einen sicheren Listenplatz für den Nationalrat setzen ließ, legte er seine Funktion als Ehrenprokurator ruhend, nach offizieller Lesart freiwillig. „Von Freiwilligkeit kann keine Rede sein“, erinnert sich ein Ordensmitglied.
Die blaue Welle scheint vorerst gestoppt zu sein. Und auch die geheime Kontaktpflege nach Russland ist für aktive oder ehemalige FPÖ-Politiker erschwert worden. So soll Johann Gudenus noch vor wenigen Monaten versucht haben, den russischstämmigen Geschäftsmann Andrej Kotchetkov in den Orden zu hieven, kann sich ein Ordensmann erinnern. Gudenus war für profil nicht erreichbar.
Van Handel richtete per Leserbrief aus, weder er noch Günther seien degradiert worden. Seitens Habsburgs oder des neuen Ordens-Kanzlers gab es keine Anmerkungen zum Artikel.