Wird Wohnen in Wien leistbarer?

Geförderter Wohnbau: Wird Wohnen in Wien leistbarer?

Was die neue Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau" in der Hauptstadt bringt.

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Die Einwohnerzahl in Wien steigt, der Wohnraum wird immer knapper und die Mieten ziehen an. Rund 10.000 zusätzliche Wohnungen bräuchte es in der Bundeshauptstadt, um die Lage abzufedern. Neben der ausreichenden Anzahl an Wohnungen in Wien, stellt sich aber auch die Frage: Wer kann sich das Wohnen in Wien überhaupt noch leisten?

Der Wiener Gemeinderat hat eine neue Kategorie in der Flächenwidmung eingeführt. Aus der bisher geltenden Kategorie "Förderbarer Wohnbau" wurde "Geförderter Wohnbau". Diese soll leistbares Wohnen ermöglichen. Seit 1. Jänner ist diese neue Kategorie in Kraft.

Bei jeglicher Neuwidmung ab einer Wohnnutzfläche von 5.000 Quadratmetern (50 Wohnungen oder mehr) kommt die neue Kategorie zum Tragen. Ab dieser Größe müssen zwei Drittel leistbarer Wohnraum geschaffen werden.

Was bedeutet die neue Kategorie?

In erster Linie geht es um die Umwidmung von Grünland in Bauland, aber auch um Umwidmung von Gewerbe-Arealen in Bauland. Die neu Kategorie betrifft auch sogenannte Aufzonungen - also wenn bereits bestehende Häuser aufgestockt oder mit einem Zubau versehen werden.

Für Grundstücke, die neu gewidmet werden, darf beim Verkauf nicht mehr als 188 Euro pro Quadratmeter verrechnet werden. Dadurch sollen die Grundstückspreise und die Wohnungsmieten moderat bleiben. Derzeit wird der Quadratmeter Bauland am freien Markt kaum unter 1000 Euro verkauft. Für diese neue Wohnflächen dürfen dann nicht mehr als 4,97 Euro Miete pro Quadratmeter verlangt werden.

Dank dieser Regelung wird es erstmals innerhalb des Gürtels einen geförderten Wohnbau geben. (Christoph Chorherr)

Christoph Chorherr, Wohn- und Stadtplanungssprecher der Wiener Grünen, erwartet sich dadurch im Gespräch mit profil, dass "viele tausende Wohnungen, die frei finanziert gebaut werden würden, in Zukunft zu den Bedingungen des günstigeren geförderten Wohnbaus errichtet werden."

Die neue Kategorie soll, so Chorherr, nicht nur geförderte Wohnungen auf größeren Flächen in den Außenbezirken schaffen, sondern auch innerhalb des Gürtels. "Dank dieser Regelung wird es erstmals innerhalb des Gürtels einen geförderten Wohnbau geben. Nämlich im 7. Bezirk beim Sophienspital", sagt der grüne Wohn- und Stadtplanungssprecher.

Welche Kritik gibt es an der neuen Widmungskategorie?

Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher in der Wiener Wirtschaftskammer, sieht die neue Kategorie gegenüber profil jedoch skeptisch:

"Wien benötigt in erster Linie Wohnraum für die einkommensschwächste Gruppe in der Bevölkerung – hier gibt es eindeutig zu wenig Angebot. Politisch wurde die neue Widmungskategorie als eine Maßnahme für ein zukünftiges Plus von leistbarem Wohnraum dargestellt. Die private Immobilienwirtschaft ist jedoch der Meinung, dass es für die Schaffung von neuem, sozialen Wohnraum andere Maßnahmen braucht, die auch schneller greifbar wären. Nachverdichtung in der Stadt, auf Gemeindebau- und Genossenschaftsbestand, könnte billigen Wohnraum schaffen, ohne Geld in neue Flächen investieren zu müssen."

Im Moment wäre Nachverdichtung sinnvoller, effizienter und günstiger. (Hans Jörg Ulreich)

Ulreich weiter:

"Wien ist nur für die Zukunft gerüstet, wenn die Stadt sich endlich zur – noch – unpopulären Maßnahme der innerstädtischen Nachverdichtung durchringt. Wir haben genug Raum nach oben und sollten diesen im Sinne des Umweltschutzes und des Stadtbildes durchaus nutzen. Neue Viertel wie Sonnwendviertel oder Nordbahnhof sind begrüßenswert, weil in Wahrheit nicht neu, sondern vielmehr neu belebt. Grüne Wiese im Wiener Umland mit Gewalt zu verbauen, halte ich für den falschen Weg. Im Moment wäre Nachverdichtung sinnvoller, effizienter und günstiger."

Gibt es Gruppen, die bei der neuen Widmungskategorie auf der Strecke bleiben?

Die Stadtsoziologin Mara Verlic begrüßt zwar die neue Widmungskategorie. Sie stellt sich aber die Frage, für welche Bevölkerungs- und Einkommensschichten der geförderte Wohnbau trotzdem nicht leistbar ist. "Das unterste Einkommenssegment hat nur schwer Zugang zum geförderten Wohnbau. Das liegt an den Mietpreisen und den hohen Eigenmittelanteilen am Anfang des Wohnungsbezugs." Für diese Menschen gebe es zwar spezielle Programme wie das SMART-Wohungsprogramm. Aber im klassischen geförderten Wohnbau unterzukommen, sei für Menschen in prekären Einkommensverhältnissen sehr schwer.

Es brauche daher nicht nur 10.000 neue Wohnungen pro Jahr im klassischen geförderten Wohnbau. Sondern ein beträchtlicher Anteil dieser neuen Wohnungen müssten SMART-Wohnungen sein, damit sie sich auch Menschen mit geringem Einkommen leisten könnten, so Verlic im Gespräch mit profil.

Vor allem Menschen in prekären Lebenssituation werden vom Zugang zum sozialen Wohnbau ausgeschlossen. (Mara Verlic)

Gleichzeitig gebe es noch weitere Hürden beim Zugang zum sozialen Wohnbau (geförderte Wohnungen und Gemeindewohnungen). "Einerseits werden Menschen, die länger in Wien leben, auf der Warteliste nach oben gereiht. Auf der anderen Seite muss man mindestens zwei Jahre an einer Meldeadresse in Wien gemeldet sein, um überhaupt für eine Wohnung im soziale Wohnbau infrage zu kommen: Das schließt vor allem Menschen in prekären Lebenssituation aus. Menschen, die länger keine fixe Wohnadresse hatten, im Extremfall obdachlos sind, öfters umziehen mussten oder erst nach Wien gezogen sind. Davon sind auch viele Menschen betroffen, die in den letzten Jahren aufgrund von Flucht nach Wien gekommen sind und zum Bevölkerungswachstum der Stadt beigetragen haben.

Vor allem Geringverdiener und neu in die Stadt Ziehende, so die Stadtsoziologin, laufen Gefahr, bei der aktuellen Entwicklung Wiens in Richtung 2-Millionen-Einwohner-Stadt am Wohnungsmarkt auf der Strecke zu bleiben.

Hören Sie hier: Stadtsoziologin Mara Verlic über den sozialen Wohnbau, prekäre Wohnverhältnisse, Baugruppen und Gentrifizierung in Wien.