"Das größte Comeback seit Lazarus"

Werner Kogler: "Das größte Comeback seit Lazarus"

Der Bundessprecher der Grünen, Werner Kogler, über den Neustart der Partei.

Drucken

Schriftgröße

INTERVIEW: INES HOLZMÜLLER

profil: Wir sitzen hier in der Wiener Doblhoffgasse, nicht weit vom Parlament entfernt. Wie weit fühlt es sich momentan an? Kogler: Nicht so weit, ich habe zumindest keine Phantomschmerzen. Ein, zwei Tage nach der Wahl hat sich erst einmal die Frage gestellt, ob die Grünen ökonomisch überhaupt überleben können. Das haben wir hinbekommen. Nun geht es um den politischen Wiederaufbau. Da denkt man gar nicht darüber nach, ob man jetzt im Parlament ist oder nicht. Es war klar, dass jetzt alles völlig anders wird. Was uns natürlich fehlt, sind die Möglichkeiten der parlamentarischen Kontrolle. Den Schaden hat die Republik, wir versuchen ihn so gering wie möglich zu halten.

profil: War die Niederösterreich-Wahl die Trendwende für die Grünen? Kogler: Die Wahl war der Aufbruch zur Umkehr. Die Nationalratswahl war ein Schlag, in Niederösterreich hätte es genauso passieren können. Es ist für uns eines der schwierigsten Bundesländer. Ich will auch nicht verschweigen, dass wir ein Minus von 1,7 Prozent haben.

profil: Stand die Partei vor dem Aus? Kogler: Auch wenn alle heurigen Landtagswahlen schlecht laufen würden, wären die Grünen noch nicht tot. Unabhängig von den Landtagswahlen wird es große Lebenszeichen von uns in Form von Kongressen geben, mit vielen hunderten Menschen, die nicht bei den Grünen sind, aber trotzdem bei uns mitmachen wollen. Das hatten wir früher in der Form nicht. Wir sind nun viel mehr auf Freiwilligenarbeit und Spenden angewiesen. Die Grünen werden wieder mehr zu einer Bewegung.

profil: Wäre es vorstellbar, in Zukunft mehr auf Quereinsteiger zu setzen? Kogler: Das wird eine größere Rolle spielen. Es stellt sich natürlich die Frage, wer ein Quereinsteiger ist – aber für die Nationalratswahl wäre das schon mein Ziel.

profil: Sie arbeiten aktuell ehrenamtlich für die Grünen. Wie lange tun Sie sich das noch an? Kogler: Ich möchte mit gutem Beispiel vorangehen, aber ewig ehrenamtlich geht natürlich nicht. Ob und in welcher Form ich weiterarbeite, mache ich davon abhängig, ob es gelingt, die Grünen wieder auf den Erfolgspfad zu bringen. Das werde ich daran messen, wie gut die Öffnung der Partei gelingt. Hierbei waren wir zu engstirnig, nicht mehr innovativ genug – auch was Quereinsteiger betrifft.

profil: Mit Klimawandel und Dieselskandal sind "grüne" Themen in den Medien sehr präsent, warum fällt es Ihrer Partei so schwer, hier Aufmerksamkeit zu erregen? Kogler: So gut war die Themenlage nicht. Unser Problem war, dass der Wahlkampf vom Thema Migration dominiert war, wo die Grünen mit ihrer Haltung nicht den größten Zuspruch hatten. Andere Themen hatten wiederrum zu wenig Platz. Aus Themen wie dem Dieselskandal haben wir sicher zu wenig gemacht. Da geht mehr.

profil: In Tirol wird mit Sujets wie "Transit halbieren" und "Tirol nicht zubetonieren" für die Grünen geworben. Ist das die Rückkehr zu den grünen Kernthemen? Kogler: Das wird versucht. Meines Erachtens ist das auch gut gelungen, ist authentisch. Die Tiroler Grünen haben die Konzepte und die Kampfkraft den Transit einzuschränken. Auch bei der relevanten Frage der Erhaltung der Natur, die in Tirol ja auch ein Wirtschaftsfaktor ist. Wenn man die Hardliner der ÖVP und der FPÖ hier alleine lassen würde, würden sie ihren eigenen Wirten die Wirtschaftsgrundlagen ramponieren.

profil: Werden Sie und Peter Pilz jemals wieder gemeinsam im Nationalrat sitzen? Kogler: Wie die Liste Pilz weitermachen will, muss sie intern regeln. Ob es eine gute Idee ist, so hineinzustolpern, ohne dass viele Dinge geklärt sind, ist eine berechtigte Frage. Dass die Liste möglicherweise über den Verzicht einer Mandatarin Pilz die Rückkehr ermöglichen und relevante Fragen offen bleiben, schadet dem Parlament, der Liste und dem Kollegen Pilz. Unter diesen Voraussetzungen wäre es eine schlechte Idee.

profil: Wie sieht es mit Ihnen aus? Kogler: Dass die Grünen wieder in den Nationalrat kommen, davon gehe ich aus. Ob ich dabei sein werde, hängt von anderen Dingen ab. Mein Pflichtsoll an parlamentarischen Reden habe ich sicher schon erfüllt. Mein Ehrgeiz ist, die Grünen aus dem Fast-Koma zu holen und diesen Körper, der so wichtig für die Republik ist, wieder mit Leben zu erfüllen. Selbstständig ins Marschieren zu kommen, nachdem wir so hingefallen sind. Sozusagen "en marche". Da passt der Begriff Bewegung auch wieder besser.

profil: Was steht 2018 für die Grünen am Plan? Kogler: In diesem Jahr ist ein Comeback zu organisieren. Wenn ich sagen würde, das größte Comeback seit Lazarus, hinkt der Vergleich, weil so tot sind wir nicht. Wir haben noch drei Landtagswahlen zu schlagen, sowie die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in Innsbruck. Hier haben wir gute Chancen, mit Georg Willi in den zweiten Wahlgang zu kommen. Sollte Willi es schaffen, wäre das ein riesiges Lebenszeichen. Erfolgreich waren wir immer dann, wenn wir die vielen Tausenden, die einen Beitrag leisten wollen, heranholen und beteiligen können.