Verteidigungsminister Mario Kunasek: "Zurück in die Steiermark"
profil: Sicherheit war das zentrale Wahlkampfthema der FPÖ. Nun sorgt sich sogar der Bundespräsident um die Zukunft des Heeres. Was ist passiert? Kunasek: Van der Bellen und ich ziehen in die gleiche Richtung. Er hat wiederholt, was ich immer gesagt habe: Wir müssen den Investitionsstau, der sich über die letzten 20 Jahre aufgebaut hat, auflösen. Das geht nicht über Nacht. profil: Dann haben Sie sich bei den Regierungsverhandlungen über den Tisch ziehen lassen. Denn der Budgetpfad weist in die Gegenrichtung – hin zu einem Allzeittief bei den Militärausgaben im Jahr 2021. Kunasek: In den nächsten zwei Jahren steigt das Budget noch nominell, danach werde ich mich für eine deutliche Erhöhung starkmachen. Bei großen Investitionen wie neuen Hubschraubern braucht es außerdem Sonderinvestitionspakete. Das steht außer Streit. Deswegen werden die Investitionen nicht ins Bodenlose gehen.
Ich gehe dann zurück in die Steiermark, wenn wir den Einzug in eine Regierung schaffen.
profil: Das heißt, Sie haben die Zusage des Finanzministers für eine neue Hubschrauber-Staffel? Kunasek: Wir verhandeln noch. profil: Trotzdem: Ihrem roten Vorgänger Hans Peter Doskozil attestierte man parteiübergreifend eine positive Trendwende – und nun herrscht Untergangsstimmung. Kunasek: Die sehe ich nicht. Beim Empfang der Offiziersgesellschaft war die Stimmung sehr positiv. Zu Doskozil: Der hat die Gunst der Stunde – Stichwort Flüchtlingskrise und Terror – gut genutzt. Aber ebenfalls mit Sonderpaketen. Ab 2020 will ich auch im Budget wieder Richtung drei Milliarden gehen (derzeit 2,3 Milliarden, Tendenz sinkend, Anm.). profil: Wollen Sie 2020 nicht in die steirische Landesregierung einziehen? Kunasek: Ich gehe als Spitzenkandidat in die Wahl und dann zurück in die Steiermark, wenn wir den Einzug in eine Regierung schaffen.
profil: Gerade von der FPÖ hätte man sich einen Verteidigungsminister erwartet, der nicht mit einem Bein schon im nächsten Job steht. Kunasek: Ich kann Ihnen versichern, ich bin zu 100 Prozent Verteidigungsminister. Die Verhandlungen übers nächste Doppelbudget beginnen bereits 2019. profil: Wenn sogar ein FPÖ-Verteidigungsminister meilenweit von den eigenen Vorstellungen entfernt bleibt – sollte man nicht endlich eingestehen, dass das Bundesheer in seiner jetzigen Größe nicht finanzierbar ist? Kunasek: Die konventionelle Landesverteidigung ist laut Verfassung geboten. Und wir sind nicht allein mit unseren Sorgen. Weitaus größere Länder wie Deutschland haben massive Probleme mit der Finanzierung des Geräts und der Infrastruktur. profil: War nicht schon die Reduktion von acht auf sechs Monate Wehrdienst eine Teilkapitulation vor einer ernstzunehmenden Landesverteidigung? Kunasek: Das war eine wahltaktische Fehlentscheidung des damaligen ÖVP-Verteidigungsministers Günther Platter. Sechs Monate am Stück plus zwei Monate später wären ideal.
Der Assistenzeinsatz endet erst dann, wenn die europäische Außengrenze sicher ist.
profil: Dann finden Sie noch schwerer Rekruten. Deren Zahl sinkt seit zehn Jahren massiv. Kunasek: Wir haben ein demografisches Problem. Im Verhältnis zum Zivildienst melden sich aber wieder mehr zum Heer. Eine Verlängerung des Wehrdienstes könnte mit Goodies kombiniert werden. So könnte ich mir vorstellen, dass der Sold für die Rekruten von aktuell 320 Euro in Richtung der Mindestsicherung steigt. profil: Auch diese Verlängerung des Wehrdienstes plus mehr Geld konnte die FPÖ nicht durchsetzen. Kunasek: Das ist eine Initiative von mir, sie war noch gar kein Gegenstand von Verhandlungen. profil: Sollten auch die Aufnahmekriterien wie bei der Polizei gelockert werden – etwa Tatoos erlaubt werden? Kunasek: Es gibt Limits, die müssen nun mal von Soldaten erfüllt werden können. Tattoos sind auch im Heer erlaubt, solange sie nicht im Gesicht oder Handbereich sind.
profil: Innenminister Kickl lockt mit KTM-Rennautos, beim Bundesheer warten die Oldtimer. Neidig? Kunasek: Auch beim Heer gibt es modernes Gerät. Und die Polizei tut sich mit neuem Personal, das sie definitiv braucht, noch schwerer. profil: Rund 1000 Soldaten stehen weiterhin an den Grenzen, obwohl es die neue Grenzschutz-Polizei Puma gibt. Der Migrationsdruck ist deutlich gesunken. Sie könnten die Truppe vorerst abziehen und sich jährlich bis zu 50 Millionen sparen. Kunasek: Der Assistenzeinsatz endet erst dann, wenn die europäische Außengrenze sicher ist. Das heißt, wenn wir wissen, wer genau zu uns kommt und der europäische Grenzschutz Frontex voll auf 10.000 Mann ausgebaut ist. profil: Sind Kasernenschließungen noch ein Thema? Kunasek: Definitiv nein. Außer den Kasernen, die jetzt bereits leer stehen, sollen alle Standorte erhalten bleiben. Wir haben schon genug Familiensilber verscherbelt. Auch die Militärmusik bleibt in voller Stärke erhalten.
Es geht hier nicht ums Sparen, sondern um Schwergewichtsverlagerung.
profil: Der neue Generalstabschef Robert Brieger will wieder verstärkt zurück zur klassischen Landesverteidigung und bei subsidiären Aufgaben sparen. Welche Einsatzbereiche meint er, und wer kann diese besser erledigen? Kunasek: Es geht hier nicht ums Sparen, sondern um Schwergewichtsverlagerung. Wer die militärische Kernaufgabe beherrscht, kann auch bei Hilfs- und Katastropheneinsätzen parat stehen. profil: Sollen Auslandseinsätze weiter ausgebaut oder redimensioniert werden? Kunasek: Wir werden unser aktuelles Engagement halten, unser Fokus liegt am Westbalkan. profil: Innenminister Kickl will beim Verfassungsschutz BVT mit alten Seilschaften aufräumen. Wegen seiner Methoden hat er nun einen U-Ausschuss am Hals. Gibt es im Heeresnachrichtendienst HNA auch alte Zöpfe, die Sie abschneiden wollen? Kunasek: Unsere Dienste arbeiten sehr gut. Natürlich muss man auch dort Strukturen überdenken, aber das steht nicht auf der Tagesordnung. profil: Ist eine Zusammenlegung des HNA mit dem BVT zu einem echten Geheimdienst denkbar? Kunasek: Selbstverständlich evaluieren wir laufend die Effizienz der Dienste. Für eine Zusammenlegung sehe ich aber aktuell keine Notwendigkeit.
Interview: Clemens Neuhold